Pflanze des Monats Vogelmiere – Stellaria media
Pflanze des Monats
Vogelmiere – Stellaria media
Nelkengewächse – Caryophyllaceae
Sternen-Blüte der Vogelmiere Foto: Privat
Botanik
Die Pflanze wird 10 – 40 cm hoch. Sie ist ein- bis zweijährig; der Stängel ist im Querschnitt rund, weich, saftig, niederliegend bis aufsteigend, einreihig behaart und sehr stark verästel. Die Vogelmiere bildet Teppiche, ihre Blätter sitzen gestielt gegenständig am Stängel. Ihre Form ist eiförmig, kurz zugespitzt und kahl Vogelmieren-Blüten sind weiß, sternchenartig, mit 5 tief geteilten Kronblättern, 3 Griffel; einer 6-zähnigen Kapsel und erscheinen von Januar bis Dezember. Die gestielten Blüten sitzen in den Achseln der oberen Blätter. Selten werden die kleinen Blüten von nsekten besucht, meist bestäuben sie sich selbst. Pro Jahr bringt die Vogelmiere 5 bis 6 Generationen hervor und bildet pro Generation 10 000 bis 20 000 Samen, die bis zu 60 Jahre keimfähig bleiben.
Zur Gattung Stellaria gehören weltweit 120 bis 200 Arten, davon sind ca. 18 in Europa heimisch.
Vorkommen: In Europa; auf fIrischen, nährstoffreichen Böden, auf Kulturland, in Siedlungsnähe, an Wegrändern; bis etwa 2000m.
Name
Die deutsche Bezeichnung „Miere“ ist vermutlich eine westfriesische Variante des Wortes „Mier“.→ „Meier“ zu verstehen. Unter einem „Meier“ verstand man ursprünglich einen Amtsträger der den Grundbesitz adliger oder geistlicher Grundherren verwaltete. Ab dem späten Mittelalter verstand man unter einem Maier auch den Pächter oder selbständigen Bauern. man landläufig
Ihren botanischen Gattungsnamen „Stellaria“ hat die kleine Pflanze von lateinischen „stella“=“Stern“. Der Artname: „media“ bedeutet „mittlere“ und bezieht sich auf die Größe der Pflanze.
Andere Namen
Fieberkraut, Gänsegras, Geiskraut, Geismus, Hühnerdarm, Hühnerabbiss, Hühnerscherbe, Hundsdarm, Hustdarm, Kanarienkraut, Mäusedarm, Mäusezeterich, kleiner Meier, Mierenkraut, Mütterchen, Nagelkraut, Sternenkraut, Sternmaier, Vogelchrut, Vogelmaier, Vogel-Sternmiere, Wingertgras.
Geschichte
Die Bauern vergangener Zeiten nutzten die Vogelmiere als Wetterpflanze. Öffneten sich die zarten Blüten, so war mit sonnigem Wetter zu rechnen, blieben sie geschlossen, gab es Regen.
Geflügel und Ziervögel (z.B. Kanarienvögel) fressen sehr gerne Vogelmierenkraut und Samen. Man glaubte sogar, dass die Hühner mehr Eier legen würden, weshalb man das Federvieh fleissig damit fütterte. Aus England ist überliefert, dass es auf Märkten „Kanarien-Kraut“ zu kaufen gab.
Bei unseren Vorfahren war das Sternenkraut ein Bestandteil der täglichen Ernährung.
Blüte mit Staubgefäßen der Vogelmiere Foto: Privat
Verwechslung
Andere Mieren- und Hornkraut-Arten (Cerastium). Diese sind ungiftig und können als Wildgemüse verzehrt werden.
Vor der Blüte kann die Miere mit dem Acker-Gauchheil (Anagallis arvensis) verwechselt werden. Er besitzt einen vierkantigen Stängel und keine Stängelbehaarung. Er ist schwach giftig.
Erkennungszeichen Vogelmiere
Reißt man den Stängel der Vogelmiere vorsichtig auseinander, so bleiben die inneren Gefäßbündel stehen, das sogenannte „Därmchen“. Der runde Stängel ist deutlich einreihig behaart. (Nur die Großblütige Vogelmiere (Stellaria neglecta) ist ebenfalls einseitig behaart).
„Därmchen“, innere Gefäßbündel der Vogelmiere Foto: Privat
Inhaltsstoffe
Polysaccharide (Schleimstoffe) Cyclopeptide, Flavone und Flavonole, Triterpen-Saponine, Phytosterole, Fett- und Wachsalkohole, Fettsäuren, Phytoöstrogene, Kieselsäure,
viel Vitamin A und vor allem Vitamin C, Mineralsalze (Kalium, Magnesium, Zink, Phosphor, Kupfer, Eisen), ätherische Öle
Heilwirkung
Antioxidativ, antiviral, blutdrucksenkend, cholesterinsenkend, entgiftend, reizlindernd, entzündungshemmend, harntreibend, schleimlösend, stoffwechselanregend.
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
keine
Anwendung
Innerlich
rheumatische Erkrankungen (Arthritis), regt die Nierentätigkeit an, löst zähen Schleim der Atemwege, reinigt die Lymphe,
Äußerlich
stark juckende oder brennende Hauterkrankungen, nässende Ekzeme (Bäder, Auflagen, Öl-Auszug), Dermatitis (Salbe), bei entzündeten Augen (Augenbad mit Vogelmiere-Tee → durch Papierfilter abfiltern!), Hämorrhoiden (Salbe), Nagelbettentzündungen, frisch gequetscht bei Insektenstichen (evtl. mit Spitzwegerich/Gänseblümchen gemischt).
Verwendung
Anwendung findet die frische und die getrocknete Pflanze. Aus der frischen Pflanze kann ein Presssaft hergestellt werden. Zum Trocknen die Pflanzenteile an einem schattigen luftigen Ort trocknen. Tee, Homöopathie: Stellaria media D2 Tinktur, Öl-Auszug, Salbe,
Heilsames
Vogelmieren-Balsam (Ursula Stumpf)
50g zerkleinertes Kraut in ein Schraubglas geben und mit 500ml Olivenöl aufgießen. Den Ansatz 3 Wochen lang bei Zimmertemperatur hell stehen lassen und täglich schütteln. Danach abfiltern und mit 75g Bienenwachs im Wasserbad erhitzen. Wenn das Bienenwachs geschmolzen ist, das warme Öl in kleine Salbendöschen abfüllen und beschriften.
Hilft bei trockenen Ekzemen.
Frühlingssalat mit Wiesenrapunzel und Vogelmiere Foto: Privat
Kulinarisches
Vogelmiere trumpft in der Küche durch ihren erfrischenden und nussigen Geschmack. Ihre Stängel, Blüten und Blätter sind zart und saftig. Bei längerer Trockenheit kann es vorkommen, dass die Stängel hart werden, dann sollten nur die jungen Triebspitzen verwendet werden. Das Kraut wird frisch als schmackhafter Salat oder in Kräutersaucen verwendet. Gekocht kann es für Suppen oder als Blattgemüse gedünstet genossen werden.
Das Kraut besitzt einen nussig-erfrischenden Geschmack der an junge Erbsen oder rohen Mais erinnert.
Frühlingssalat mit Wiesenrapunzel und Vogelmiere (für 4 Portionen)
2 handvoll zarte, nicht faserige Vogelmieren, geputzt
2-3 handvoll Wiesenrapunzel oder Feldsalat, geputzt
1 Kopf grüner Salat, geputzt und in mundgerechte Stücke zerteilt
je nach Geschmack etwas Radicchio, geputzt und in mundgerechte Stücke zerteilt
2 Karotten geschabt und in Stücke geschnitten oder grob geraspelt,
2-3 braune Champignons gesäubert und in Scheiben geschnitten
½ Zwiebel in Würfel oder Scheiben geschnitten
1 handvoll Walnuss-Kerne
Dressing
½ Knoblauchzehe fein gehackt
2-3 Stängel Petersilie fein gehackt
1 EL Honigsenf
3 EL Balsamico Bianco
6 EL Olivenöl (oder 3 EL Walnussöl/3 EL Olivenöl)
Kräutersalz
Pfeffer frisch gemahlen
So wird’s gemacht
Aus den Zutaten ein sämiges Dressing rühren.
Den geputzten und zerteilen Salat in eine große Schüssel geben.
Zwiebel, Karotten, Pilzscheiben dazu geben.
Dressing über den Salat geben und gut durchmischen.
Walnussstücke über den Salat geben und den Salat genießen.
Im Garten
„Wo d’Mier gut wächst, do isch des Land gut:“
Im Garten gehört die Miere zu den sogenannten Zeigerpflanzen. Sie zeigt dem Gärtner einen humosen, nährstoffreichen (v.a. reich an Stickstoff) Boden an. Vogelmiere sammelt Zink und erschließt dieses Element damit auch den benachbarten Kulturpflanzen. Obwohl die Miere gerne als Unkraut bezeichnet wird, hat sie für den Garten wertvolle Eigenschaften. So kann sie als lebende Mulchschicht dienen und schützt den Boden im Sommer vor der direkten Sonneneinstrahlung und Austrocknung, und vor direkter Kälteeinwirkung im Winter.
Als lebende Mulchschicht und Erosionsschutz findet die Miere im Garten Verwendung. Ausgezupfte Pflanzen können auf dem Beet verbleiben. Miere kann in die Kräuterjauche gegeben werden und diese im Verhältnis 1:10 auf den Beeten oder auf den Kompost ausgebracht werden.
Poetisches
Botschaft der Vogelmiere
Wenn du den Winter satt hast, bringe ich Dir Freude am Leben. Rieche an meinen Blättern, zerreibe sie zwischen den Fingern und kaue sie – sie werden Dich erfrischen. Ich kremple einfach meine Vogelmieren-Ärmel hoch und übernehme den Frühjahrsputz in deinem Körper und in Deinem Gemüt. Du wirst sehen: Eingefrorene Gefühle löse ich auf und bringe Unternehmungsgeist zurück. Du fühlst Dich danach wie neu und ganz leicht. Vielleicht hast Du dann Lust, mit mit zu spielen und Sonnenstrahlen zu fangen? Du glaubst mir nicht? Du meinst, ich sehe viel zu zart aus? Eines musst du wissen: Meine zarte Seite ist meine Stärke!
Ich bin zwar klein, habe aber trotzdem Riesenkräfte. Ich bin so nach bei der Erde, weil sie mich wärmt und nährt. Auch nachts, denn da schaue ich mit meinem Sternenblick in den Himmel. Und hole sie auf die Erde – die Sterne. Schau mir ganz genau in meine Blütenaugen….
aus: Ursula Stumpf „Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter“
Vogelmieren-Teppich Foto: Privat
Quellen
Beiser, Rudi; „Vergessenen Heilpflanzen – Botanik, Volksheilkunde, Anwendungen“ AT Verlag Aarau und München 2016; ISBN; 978-3-03800-888-0
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
Storl Dr., Wolf-Dieter; „Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor“; ATVerlag Aarau, München, 6. Auflage 2007 ISBN: 978-3-85502-693-7
Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6
Stumpf Dr., Ursula; „Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter, Naturkraft schöpfen, Heilwissen nutzen“; Franckh-Kosmos Verlags GmbH Stuttgart 2010
ISBN: 978-3-440-1236-5
Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia