Pflanze des Monats September 2022 Andorn – Marrubium vulgare

Pflanze des Monats September 2022 Andorn – Marrubium vulgare

Pflanze des Monats September 2022

Andorn Marrubium vulgare

Lippenblütler, Lamiaceae

blühender Andorn, Foto: H.Johner-Allmoslöchner

Botanik

Andron war einst nur im Mittelmeergebiet zu finden. Von dort aus besiedelte er ganz Europa und Zentralasien. Die heute selten gewordene Pflanze ist oft in Dörfern, auf Ödland, trockenen Weiden und an Wegrändern zu finden. Andorn gedeiht bis auf eine Höhe von 1500 m.

Die Staude wächst 30-60 cm hoch. Lippenblütler, mit vierkantigem, flaumigem Stängel. Die gestielten Blätter sind breit-eiförmig, gekerbt und besonders an der Blattunterseite dicht und weißfilzig behaart, runzelig und besitzen kaum einen Duft. In den Blattachseln sitzen kugelige, reichblühtige Scheinquirle. Die weißen Blüten (Juni – September) haben eine Krone mit zweispaltiger Ober- und drei-zipfeliger Unterlippe. Sie sitzen in einem weißfilzigen Kelch, mit 10 stacheligen, zur Fruchtzeit krallig gekrümmten Zähnen.

Name

Die botanische Bezeichnung „Marrubium“ stammt aus dem Hebräischen. „Mar“ = „bitter“ und „rob“ = „viel“ und gibt einen Hinweis auf den bitteren Geschmack der Pflanze. „Vulgare“ 0 „gewöhnlich“. Durch die Art und Weise wie der Andorn sich verbreitet leitet sich sein deutscher Name ab. Die dornenartigen und stacheligen Samenstände verhaken sich im Fell der Tiere und werden so weiter transportiert.

Andere Namen

Weißer Dorant, Mutterkraut, Gottvergess,

Geschichte

Der Andorn ist ein altes Heilmittel. Die Ägypter und Römer nutzten schon seine Heilkräfte bei Atembeschwerden. Der Militärarzt Dioskurides (1 Jhd. n. Chr.) verwendetet ihn bei Asthma und Schwindsucht. Er kannte auch seine menstruationsregulierenden Eingenschaften, ihm war bekannt, dass Andorn nicht bei Nierenleiden verwendet werden durfte. Im Lorscher Arzneibuch (ca. 795 n. Chr.) wird Andorn gegen „vielerlei Malhaisen“ genannt, für all jene, die „alle Hoffnung schon aufgegeben haben“. Im 9.Jhd. Kultivierte ihn der karolingische Hofgelehrte, Dichter und Abt Strabo im Klostergarten auf der Bodensee Insel Reichenau und pries ihn aus außerordentlich heilkräftig. Matthioli (1501-1577) empfahl einen Andorn-Aufguss um die Geburt zu erleichtern, aber auch in Form von Salbe um die Milchbildung anzuregen.

Andorn gehört zu jenen Pflanzen, die möglicherweise der sagenhafte „Dorant“ sein könnten. Der Dorant erscheint in Sagen und Sprüchen verschiedener Gegenden als zauberbrechendes Mittel. Oft wird der Dorant zusammen mit Dost in Sagen genannt, indem sich böse Geister über die Verwendung von „Dorant und Dosten“ beschweren.

Der Dorant ist nicht nur gut für den Menschen, wenn man ihn versehentlich berührt, oder auf ihn tritt, kann es geschehen, dass man sich verirrt. Der Dorant kann eine Irrwurz sein. Darauf weißt der Spruch hin, „Stoß mir nicht an den Dorant, sonst kommen wir nicht mehr ins Vaterland.“

Andornblätter stehen „kreuzgegenständig“, Foto: H. Johner-Allmoslöchner

Verwechslung

keine

Inhaltsstoffe

Bitterstoffe (bis 1% Marrubin), Gerbstoffe, Saponine, Flavonoide, ätherische Öle, Harze, Schleimstoffe, Kalium und Kalzium.

Heilwirkung

gallenflussfördernd, verdauungsfördernd, auswurfförndernd, fiebersenkend, reguliert die Menstruation, anregend und beruhigend.

Nebenwirkungen/Gegenanzeigen

keine

Nierenerkrankungen

Anwendung

Innerlich

Andorn wird innerlich bei Erkältungskrankheiten bzw. Erkrankungen der Atemwege z.B. Bronchitis, Keuchhusten oder Asthma eingesetzt. Bei Appetitlosigkeit, Verdauungsstörungen, Völlegefühl und Blähungen. Laut Johann Künzle, dem bekannten Schweizer Kräuterpfarrer findet er auch bei schmerzhafter Periode Anwendung. Die Volksmedizin nutzt ihn wegen seiner beruhigenden Wirkung bei nervösem Herz, denn Marrubiin kann in kleinen Dosen Herzrhythmusstörungen beseitigen. Weitere Anwendung findet er bei Malaria und zur Senkung von Fieber.

Äußerlich

Johann Künzle verordnete „einen Andornabsud bei Hautkrankheiten, die nicht von der Untätigkeit der Leber oder von mangelhaftem Stuhlgang herrühren“. „Frische Andornblätter mit etwas Honig vermischt, erweichen und heilen harte Beulen und fressende Geschwüre“. Im Mittelalter empfahl man Andorn zum Gurgeln bei Mund- und Rachenentzündungen und zur Wundbehandlung. Diese alten Empfehlungen sind bis heute gültig!

Tagesdosis

4,5 g getrocknete Droge oder 2-6 EL Pflanzenpresssaft. Für einen Tee benötigt man 1 TL geschnittenes Kraut auf eine Tasse heisses Wasser. 7 Minuten ziehen lassen und abgießen. 2-3 Tassen täglich 30 Minuten vor den Mahlzeiten trinken.

Verwendung

Frisches und getrocknetes Kraut, Frischpflanzenpresssaft, Tinktur, Räucherwerk

Heilsames

Albanischer „Allerheil-Tee“ (U. Bühring)

5 TL Andornkraut

1 Lorbeerblatt

1 frische Feige

So wird’s gemacht

Alle Zutaten mit einem Liter Wasser 7 Minuten kochen und abgießen. Die Albaner trinken diesen Tee bei allerlei „Wehwehchen“ und manches Leiden ist danach gelindert oder entwickelt sich erst gar nicht.

Kulinarisches

Andornwein (U. Bühring)

10 g getrocknetes Andornkraut

100 ml Portwein (17%)

So wird’s gemacht

Andornkraut in den Portwein geben und nach 8 Tagen abfiltern. Ein stärkendes Mittel bei Fieber und Husten. Es fördert die Verdauung und Gallensekretion, stoppt chronischen Durchfall. 1-3 EL pro Tag einnehmen

Räuchern

Der leicht nach Wermut riechende Andorn ist bekannt als Schutzräucherung und er wird gerne bei der Sommersonnwende in Kräuterbüscheln mit vielen anderen Kräutern verräuchert. Feen und Elfen halten sich gerne da auf wo Andorn wächst. Er steht auch für Ausdauer und Durchsetzungsvermögen.

Kugelige Scheinquirle des Andorns, Foto: H.Johner-Allmoslöchner

Quellen

  • Bühring, Ursel; „Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde, Grundlagen-Anwendung – Therapie“; Sonntag Verlag Stuttgart, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2009 ISBN: 978-3- 8304-9163-7

  • Bühring, Ursel; Alles über Heilpflanzen; Ulmer Verlag 2007
  • ISBN: 978-3-8001-4979-7

  • Das Beste; Geheimnisse und Heilkräfte der Pflanzen; Verlag Das Beste aus Readers Digest AG 1980 ISBN: 3-7166-0026-1

  • Künzle, Johann, Pfarrer.; „Das große Kräuterheilbuch, Ratgeber für gesunde und kranke Tage“; 1945 Verlag Otto Walter AG Olten

  • Maby, Richard; Das große Buch der Kräuter; BLV Verlag 1993; Bestellnummer: 065169

  • Scherf, Gertrud; „Die geheimnisvolle Welt der Zauberpflanzen und Hexenkräuter, Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen“; BLV Buchverlag GmbH & Co. KG München, 3. durchgesehene Auflage/Neuausgabe ISBN: 978-3-8354-0260-7

Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia

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