PFLANZE DES MONATS SEPTEMBER (2018)
Pflanze des Monats September
Eberesche Sorbus aucuparia
Rosengewächse, Rosaceae
Blütendolde der Eberesche Foto: privat
„Wenn ich ein Stückchen Land besäße, ich würde mir ein kleines Wäldchen von Ebereschen pflanzen. Ein einziger der glühenden Bäume könnte schon das Glück des Spätsommers ausmachen und verklären“
Else Lasker-Schüller
Botanisches
Die Eberesche gehört zu den apfelfrüchtigen Laubhölzer der Gattung Sorbus. Diese zeichnen sich durch kleine, meist weiße, schirmförmige zusammengesetzte Trugdolden aus. Ihre Frucht ist meist ein kleiner, weicher Beerenapfel. Die Bäume/Sträucher aus der Gattung Sorbus besitzen weder Stacheln noch Dornen und sind ziemlich raschwüchsig. Neben der Eberesche, gehören zu dieser Gattung u.a. die Mehlbeere (Sorbus aria), die Elsbeere (Sorbus torminalis), sowie der Speierling (Sorbus domestika) mit dessen Früchten Apfelsaft haltbar gemacht werden kann.
Die Vogelbeere ist ein Rosengewächs und wird sowohl den Sträuchern als auch den Bäumen zugeordnet. Sie kann eine Höhe von 10 bis 17 Meter erreichen und hat ihre Blütezeit von Mai bis Juni, ihre Beeren reifen im August/September. Die Eberesche besitzt eine glatte Rinde, von gelblich-grauer Farbe. Quer zur Wuchsrichtung weißt sie dunkle Striche auf, die sogenannten Lentizellen, welche den Gasaustausch mit der Umgebung sicherstellen. Im hohen Alter hat sie eine schwärzlich-graue längsrissige Borke. Ebereschen können ein Alter zwischen 80 bis 120 Jahr erreichen. Ihre Krone ist unregelmäßig, offen und in der Form rundlich oder oval. Die Blätter sind unpaarig gefiedert mit 5-9 Paaren von Teilblättchen, welche scharf gezähnt sind. Ebereschen haben cremefarbene Blüten, in vielblütigen, doldigen Blütenständen. Bedingt durch die enthaltenen Phytohormone verströmen die Blüten einen schweißartigen Geruch. Die reifen Früchte sind korallenrot, kugelig und bis zu 1 cm groß. Sie besitzen 2-4 Kerne.
Ebereschen gedeihen an Waldrändern, lichten Laubwäldern und sind als sogenannte Pionierbäume auf Kahlschlägen anzutreffen. Aufgrund ihrer hohen Toleranz gegenüber Abgasen, finden wir die Eberesche auch häufig an Straßenrändern.
Name
Schon ihr heutiger Name „Eberesche“ erzählt eine kleine Geschichte. Sie hat nichts mit dem Eber zu tun, wohl aber mit der Esche. Ihr filigranes Blattwerk erinnert stark an die Esche. Weil es aber keine Esche ist, wurde sie früher auch „Aberesche“ genannt. Sieht aus wie eine, ist aber keine!
Ein weiterer ihrer Namen lautet Vogelbeere. Sind die korallenroten Beeren reif, ist sie „die“ Nahrungsquelle für Vögel. Vor allem Amseln und Drosseln laben sich an den reifen Früchten. Das beobachteten schon unsere Vorfahren und nutzten die Eberesche um die Vögel in Fallen zu locken und zu fangen. „Avis capere“ entstammt der lateinischen Sprache und bedeutet übersetzt „Vögel fangen“. Daraus entstand der Artname „aucuparia“. Der botanische Gattungsname „Sorbus“ kommt aus dem keltischen und bedeutet „herb“. Dieser herbe Geschmack bezieht sich auf die Früchte, die reich an Sorbit, einem Zuckeraustauschstoff, sind.
Andere Namen lauten: Aberesche, Absche, Amselsang, Drosselbeere, Eibschen, Judenkirsche, Korallenbeere, Krametsbeere, Luis, Quitsche, Stinkesche, Spatzensang, Teufelskirsche, Wilde Esche, Zitrone des Nordens, usw..
Geschichte
Um die Eberesche ranken sich viele Geschichten. Schon unsere Urahnen nutzten den Baum, wie Gabbeigaben aus einem bronzezeitlichen Grab im Seeland belegen. In der nordischen Göttersaga Edda wird berichtet, dass der Donnergott Thor der Eberesche sein Leben verdankte. Der, während der Jagd, in die reißenden Fluten des Flusses Vimur gestürzte Thor, konnte sich mit letzter Kraft an einem Ebereschenzweig festhalten und ans Ufer retten. Seither bezeichnen die Norweger den Baum als „Thorsbjörg“ was übersetzt Thors Rettung heißt.
Für die Germanen war die Eberesche ein heiliger Baum, den sie Thor weihten. Die Kelten pflegten ebenfalls eine innige Beziehung zur Vogelbeere. Sie sprachen dem Baum schützende Kräfte zu, die vor Unheil und bösem Zauber schützten. Deshalb bepflanzten sie ihre heiligen Stätten mit Ebereschen. Mit dieser Vorgeschichte, war die Eberesche ein mächtiger Baum im vorchristlichen Glauben. So ist es nicht verwunderlich, dass den frühen Missionaren die Vogelbeere ein Dorn im Auge war und sie daran arbeiteten, diesen in Verruf zu bringen. So galt der Baum bald als böse und wurde als Hexenbaum tituliert. Die frühen Christen glaubten, dass aus den Knochen des Verräters Judas Ischariot, die Eberesche gewachsen sei, was ihr den Namen Teufelskirsche einbrachte. Hildegard von Bingen bezeichnete die Eberesche als unnütz und Zeichen der Heuchelei, das er den Menschen mehr schade als Nutzen bringe. In der Heilkunde wird von der Vogelbeere erst im Mittelalter berichtet. So empfahl Lonicerus (16. Jdh.) die Vogelbeeren bei Leberleiden, Nierenschmerzen und Wassersucht. Im 20. Jahrhundert empfahl der Schweizer Kräuterpfarrer Künzle einen Absud der Beeren bei Heiserkeit zum Gurgeln, wenn die Stimme überanstrengt wurde.
Verwechslung
Eberesche kann mit Speierling (Sorbus domestica) verwechselt werden. Die Blätter des Speierlings besitzen bis zu 21 Fiederblättchen, deren Teilblätter im unteren Drittel des Blattes keine Zähnung aufzeigt. Die Blüten des Speierlings sind weiß oder rötlich und die Früchte birnenförmig oder kugelig, bis zu 3 cm groß.
Ebereschen-Früchte Foto: privat
Inhaltsstoffe
Parasorbinsäure, Sorbit, Gerbstoffe, Amygdalin(Blausäureglycosid in den Samen), ätherische Öle, Biophenole, Carotinoide, Pektin, Vitamin C (in 100g Beeren 100 mg Vit. C!), Provitamin A, Mineralstoffe wie Kalzium, Magnesium, Phophor) u.a.
Heilwirkung
Wirkt gegen Vitamin C Mangel, harntreibend/lymphanregend, stoffwechsel- und verdauungsanregend, entzündungshemmend, antirheumatisch, leicht stopfend (gekochte/getrocknete Beeren), antidiabetisch (für die Verstoffwechselung wird kein Insulin benötigt), leberstärkend, menstruationsfördend, antibiotisch, lungen- und bronchien-heilend
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
Roh verzehrte Beeren enthalten Parasorbinsäure, die eine Reizung der Schleimhäute bewirken, dies kann zu Durchfall bzw. Erbrechen und ggf zu Nierenreizungen führen.
Anwendung
innerlich:
Blüten: als Tee bei Husten, Bronchitis, Lungenentzündung (wer mag kann den „Tee“ statt mit Wasser mit Milch machen.
Blätter: bei Durchfall und Magenverstimmungen.
Beeren frisch: abführend
Beeren getrocknet:Tee aus den getrockneten Beeren regen die Nierentätigkeit an und durchspülen die Harnwege und die Blase, wirken blutreinigend, entschlackend und leicht stopfend bei Durchfällen.
äußerlich:
Beeren Frisch/getrocknet: Bei Husten und Heiserkeit (Beeren-Absud zum Gurgeln) oder fünf Beeren über den Tag verteilt kauen zu Stimmband-Pflege.
Tagesdosis
Zur Bereitung des Tees aus den getrockneten Beeren übergießt man einen Teelöffel davon mit einer Tasse kaltem Wasser. Erhitzen, kurz aufkochen lassen und abseihen. Nicht süßen! Tagesdosis 2-3 Tassen.
Maximale Verzehrmenge roher Beeren ist eine Hand voll.
Verwendung
Verwendet werden die Blüten, Blätter und Beeren in roher und verarbeiteter Form. Gängig sind Tees (Blüten/Blätter/Früchte), Tinktur (Blüten/Blätter), Blütenessenz, Saft, Schnaps, Mus und Likör aus den Beeren, sowie Räucherwerk (Blüten, Blätter, Beeren, Holz/Rinde)
Heilsames
Tee aus Blättern: Blätter fein geschnitten, davon 2Tl mit einer Tasse kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen.
Räucherwirkung
stärkt die Urteilskraft
schützend
hilft den eigenen Weg zu finden
löst geistige Blockaden und innere Zerrissenheit
unterstützt innere Reifeprozesse
führt zu Vertrauen und Harmonie.
Kulinarisches
Ebereschenmus (nach Ursula Stumpf)
500g frische Beeren, 500g geschnittene Äpfel zusammen mit einer Zimtstange und einer Prise Kardamom in 300ml Wasser weich kochen. Mit einem Pürierstab alles zerkleinern und mit 250g Honig und Apfelsaft oder Weißwein abschmecken. Das Mus in kleine Gläser abfüllen. Es stärkt bei Appetitlosigkeit und Magenverstimmung, pflegt die Darmflora und hilft bei Pilzerkrankungen.
Herstellung von Ebereschenmus, Foto: privat
Ebereschenmus Foto: Privat
Poetisches
Botschaft der Eberesche
Weißt du, wie schön es ist, sich jetzt im Juli im Wind zu wiegen? Den warmen Wind in Blättern und Blüten und zwischen den roten Beeren zu spüren? Von klein auf spiele und tanze ich mit dem Wind, so dass ich allen Stürmen des Lebens gewachsen bin. Ich bin standfest, denn meine Wurzeln reichen tief in das Erdreich. Vielen singenden Vögeln biete ich Schutz, Halt und Freude. Auch Dir, wenn Du willst. Knüpfe Dir eine Kette aus meinen Früchten, ziehe sie auf einen Faden und schmücke Dich damit. So kann ich Dir helfen, den Wind zu nutzen, Den Wind der Veränderung. Er weht die Chancen herbei, die Du nur ergreifen musst. Folge Deinen Impulsen und lasse Deine Kreativität wachsen. Eine gute Idee zur richtigen Zeit ist schwungvoll und leicht wie der Wind. Und wie die Lebensfreude, die aus meinen roten Beeren sprüht – auch aus Deiner Kette.
(Ursula Stumpf: Pflanzengöttinnen und ihre Heilkräuter)
Amann, Prof. Dr. Gottfried; „Bäume und Sträucher des Waldes“; Naturbuch Verlag 1993 Weltbild Verlag, GmbH, Augsburg; 16. Auflage ISBN: 3-89440-558-9
Fischer-Rizzi, Susanne; „Blätter von Bäumen,Legenden, Mythen, Heilanwendungen und Betrachtungen von einheimischen Bäumen“; IRISIANA Heyne Bücher Taschenbuchausgabe 3/2001 ISBN: 3-453-18052-6
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
Künzle,Johann; Das große Kräuter-Heilbuch; Verlag Otto Walter AG Olten 1995; ISBN: 3-530-49205-1
Lingg, Adelheid; „Das Heilpflanzenjahr, Selbst heilen mit der Kraft der Pflanzen“; Franckh-Kosmos-Verlags-GmbH&Co.KG Stuttgart 2015; ISBN: 978-3-440-14547-0
Puhle, Annekathrin, Trott-Tschepe, Jürgen, Möller, Birgit; „Heilpflanzen für die Gesundheit“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2013 ISBN: 978-3-440-12235-8
Ritter, Claudia; „Schlafmohn, Engelwurz und Aphrodites Quitten, die Pflanzen der Heiligen und Gottheiten, Heilanwendungen und Rezepte; Leopold Stocker-Verlag 2006 Graz ISBN: 978-3-7020-1618-0
Strassmann, Renato; „Baumheilkunde – Heilkraft, Mythos und Magie der Bäume“; Freya Verlags KG 2015; ISBN: 978-3-99025-109-6
Storl, Wolf-Dieter; „Pflanzen der Kelten, Heilkunde, Pflanzenzauber, Baumkalender; AT-Verlag Aarau Schweiz 5. Auflage 2007; ISBN:978-3-85502-705-7
Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos Verlags GmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6
Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia.de