Pflanze des Monats Oktober 2023 Kleine Braunelle Prunella vulgaris
Pflanze des Monats Oktober 2023
Kleine Braunelle Prunella vulgaris
Lippenblütler, Lamiaceae
braune Kelchblätter der kleinen Braunelle, Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Botanik
Die kleine Braunelle ist eine Staude, die von Mai bis Oktober blüht. Sie erreicht ein Höhe von 5-30 cm. Ihr Wurzelstock bildet kriechende Ausläufer. Die kleine Braunelle hat verzweigte Stängel, die vierkantig, rötlich überlaufen und fein behaart sind. Ihre Blätter sind kreuz-gegenständig angeordnet und gestielt. Ihre Form ist länglich oval, ganzrandig oder nur schwach gezähnt. Die Blattoberfläche ist spärlich behaart.
Die Blüten der kleinen Braunelle befinden sich am Stängelende in einer kopfförmigen Scheinähre, welche direkt über dem letzten Blattpaar sitzt. Die purpur- bzw. blauvioletten Blüten sind in Quirlen angeordnet. Diese befinden sich in braunen, bewimperten Kelchblättern, die das Erscheinungsbild des Blütenköpfchens prägen. Die einzelne Blüte zeigt eine helmförmige Oberlippe und eine dreiteilige Unterlippe mit ausgeprägtem Mittellappen. In ihrem Inneren befinden sich Staubblätter. Bestäubt wird die Braunelle von Bienen und Hummeln. Nach der Bestäubung bilden sich im Kelch die Früchte aus. Die kleine Braunelle öffnet ihre Kelche nur bei feuchtem Wetter und katapultiert dann ihre Früchte heraus. Diese sind durch die Witterung feucht und damit sehr klebrig. Auf diese Weise gelingt es der kleinen Braunelle ihre Früchte mittels Tierpfoten oder Schuhe zu verbreiten.
Die kleine Pflanze ist überall in den gemäßigten Zonen Europas, Asiens und Nordamerikas zu finden. Sie bevorzugt sonnenbeschienene, nährstoffreiche, gerne auch leicht feuchte Standorte. So finden wir sie oft auf Fettweiden, Wiesen, Wegrändern und in lichten Wäldern.
Name
Die botanische Bezeichnung „Prunella“ ist eine latinisierte Form, des deutschen Namens „Braunelle“. „Vulgaris“ wird mit „gewöhnlich“ übersetzt.
Der Name „Braunelle“ hat einen Bezug zur Farbe Braun. Einige Forscher vermuten den Ursprung der Namensherkunft in der braunen Farbe des Blütenkelchs, andere verbinden den Namen mit der Heilwirkung der Pflanze gegen die sogenannte „Halsbräune“ (Diphterie).
andere Namen
Allheit, Antoniuskraut, Blauer Kuckuck, Braunheil, Brunelle, Brunwurtz, Consolida minor, Gauchheil, Gottheil, Gutheil, Halskraut, Immergsund, Mundfäulekraut, Mundfäulzapfen, selfheal, St. Antonikraut, Tischlergras, Wundwurz, Zimmermannskraut.
Geschichte
Die kleine Braunelle gehört zu den alten, vergessenen Heilpflanzen. Dabei war sie im Mittelalter ein probates Mittel gegen die sogenannte „Halsbräune“, die Diphterie. Mit den kleinen Lippenblütler wurden Entzündungen im Mund- und Rachenraum behandelt. Ihre Heileigenschaften waren auch im alten China bekannt. In der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) findet man die Pflanze unter der Bezeichnung „Xia Ku Cao“ was übersetzt soviel wie „Gras das am Ende des Sommers stirbt“ bedeutet. Eingesetzt werden in der TCM die getrockneten Blütenköpfchen, die am wirksamsten sein sollen, wenn die einzelnen Blüten von Hand geerntet werden. Schon vor 2000 Jahren findet die kleine Braunelle Erwähnung in der TCM. Das Hauptanwendungsgebiet der Braunelle in der TCM ist die gestörte Leberfunktion. Vom Funktionskreis Leber ausgehend, wird die Braunelle bei Erkrankungen wie Fieber, Kopfschmerzen, Schwindelgefühle, Hepatitis, Augenentzündungen, Magen-, Darmentzündungen, Drüsenschwellungen und Bluthochdruck eingesetzt.
pupurfarbene Blüten der Braunelle, Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner
Verwechslung
Große Braunelle (Prunella grandiflora). Diese bildet keine Ausläufer und erreicht eine Höhe von ca. 40 cm. Ihre Blüten sind größer und das oberste Blattpaar ist weiter von der Blüte entfernt. Genauso wirksam.
Inhaltsstoffe
Fettes Öl, wenig ätherisches Öl, Gerbstoffe (z.B. Rosmarinsäure), Phenolsäuren, Bitterstoffe, Harze, Flavone, Flavonole, Triterpene, Triterpen-Saponine, Anthocyane, Phytosterole, Polysaccharide, Carotinoide
Heilwirkung
Antibakteriell, antidiabetisch, antifungizid, antikanzerogen, antioxidativ, antiviral, blutdrucksenkend, blutstillend, leberschützend, cholesterinsenkend, entzündungshemmend, fiebersenkend, harntreibend, wundheilend, zusammenziehend
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
Für eine langfristige Anwendung sollte zuvor eine TCM-Diagnostik durchgeführt werden. Bei schwachem Magen bzw. Milz sollte die Pflanze sparsam eingesetzt werden.
Anwendung
Innerlich
Erkältungen, Husten, Lymphdrüsenschwellungen, Magen-Darm Beschwerden, Hämorrhoiden begleitend zur HIV-Therapie, begleitend bei Diabetes (bei Gefäßdegeneration), Bluthochdruck, erhöhte Blutfett- und Blutzuckerwerte, schützt die Bauchspeicheldrüse, Arteriosklerose, unterstützend bei einer Schilddrüsen-Überfunktion, hemmend bei allergischen Reaktionen insbesondere die Histamin-Ausschüttung. Ergänzend bei Endometriose, Brust- und Gebärmutterkrebs
Äußerlich
Herpes-Viren HSV1 und HSV2, intensive Sonnenbäder, Zahnfleischentzündungen, Entzündungen im Mund- und Rachenraum, Wunden, Quetschungen, Prellungen, Hauterkrankungen (Geschwüre, Wundrose)
Tagesdosis
Tinktur → Blüten ( flos. ) 10-30 Tropfen 3 x tgl. mit Wasser 1-½ Stunde vor oder nach den Mahlzeiten einnehmen.
Aufguss / Infus → Blüten ( flos. ) 9-15 g Tagesdosis, 1-3 TL auf 1 Tasse Wasser aufgiessen, 3 x täglich 1 Tasse trinken.
Verwendung
Tee aus frischen oder getrockneten Pflanzenteilen, Tinktur, Bachblüte „self-heal“, Balsam, Salbe → selbst herstellen!
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Heilsames
Lippenbläschen-Balsam (R.Beiser)
500 ml | gutes Oliven- oder Mandelöl |
30 g | blühende Braunelle |
20 g | blühendes Johanniskraut |
20 g | Melissenblätter |
60 g | Bienenwachs-Plättchen oder grob geriebenes Wachs |
½ TL (50 Tropfen) | Braunellentinktur (optional) |
So wird’s gemacht:
Oliven- oder Mandelöl im Wasserbad erwärmen. Die frischen zerkleinerten Blüten zugeben und umrühren. Die Temperatur sollte mindestens 60 Minuten lang bei maximal 60°C gehalten werden. Immer wieder umrühren. Den Ölauszug in ein sauberes Gefäß abseihen und zurück ins Wasserbad stellen. Bienenwachs zugeben und schmelzen lassen. Gefäß von der Herdplatte nehmen und nach kurzem Abkühlen noch ½ TL Braunellentinktur dazu rühren. Vorsichtig in kleine Salbendöschen abfüllen und bedeckt erkalten lassen, verschließen. Etikettieren nicht vergessen.
Der Lippenbalsam ist sehr hilfreich bei Herpes, aber auch zur Pflege gereizter Haut, bei Prellungen oder bei kleinen Wunden und Verletzungen.
Braunellen-Wundtinktur (R.Beiser)
60 g + 50 g | blühende Braunelle |
25 g | Gänsefingerkraut (optional) |
25 g | Lavendel (optional) |
300 ml | 70 %igen Alkohol |
So wird’s gemacht:
Sollte Gänsefingerkraut und Lavendel nicht zur Hand sein, die angegeben Menge (50 g) einfach mit Braunellen-Blüten ergänzen. Die Kräuter kleinschneiden und sofort mit dem
70 %igen Alkohol übergießen. Noch besser ist es, die Kräuter portionsweise zusammen mit dem Alkohol in einem Mörser zu einem dünnflüssigen Brei zerreiben. In einem verschließbaren Glas 9 Tage durchziehen lassen und immer wieder schütteln. Dann abfiltern und in braune Tropfflaschen füllen.
Für die Wundreinigung, Wundkompressen und zum Gurgeln rühren Sie 1-2 TL in 250 ml Kamillentee oder Braunellentee ein. Die Tinktur eignet sich auch zum Abtupfen von Lippenbläschen.
Kleine Braunelle mit Blütenknospen, Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Quellen
Beiser, Rudi; „Vergessenen Heilpflanzen – Botanik, Volksheilkunde, Anwendungen“ AT Verlag Aarau und München 2016; ISBN; 978-3-03800-888-0
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
Huber Ellen; „Pflanzenschätze der Ahnen, alte Heilkunst und aktuelle Forschung“ Freya-Verlag GmbH 2017; ISBN: 978-3-99025-286-4
Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6
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Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia