Pflanze des Monats Oktober 2022 Leinkraut, Linaria vulgaris
Pflanze des Monats Oktober 2022
Leinkraut, Linaria vulgaris
Wegerichgewächse, Plantaginaceae
Leinkraut-Blüten Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Botanik
Das Gewöhnliche Leinkraut ist eine Staude und wird je nach Standort 20 bis 60 cm hoch. Sie besitzt einen ausdauernden Wurzelstock und bildet Wurzelausläufer. Der Frauenflachs besitzt meist wechselständig angeordnete Blätter, welche kahl, lineal-lanzettlich nach vorne hin spitz zulaufend sind (sie ähneln dem Blatt des echten Leins). Sie haben keinen Stiel und sitzen direkt am Stängel. Das Harnkraut hat zahlreiche Blüten, in Form einer Traube, am Ende des Stängels. Die sogenannten Lippenblüten bestehen aus einer oberen Blütenkrone und einer Unterlippe. Beide Blütenteile sind fest mit einem „Gelenk“ verbunden, so dass die Unterlippe fest an die Oberlippe gepresst wird. Die Blüten laufen in einem geraden, ca. 1cm langen Sporn nach hinten aus. Das gelbe Löwenmaul besticht durch seine schwefelgelben Blüten und dem orangefarbenen Rachen. Die Blütezeit dauert von Juni bis Oktober. Nach der Blüte bildet die Pflanze kugelige Kapselfrüchte, in der Samen mit einem breiten, gezähnten, geflügelten Rand sind.
Leinkraut gedeiht bevorzugt auf warmen, lockeren Böden, besonders auf Sand Brach- und Schuttflächen
Name
Die botanische Bezeichnung „Linaria“ leitet sich von „Lein“ ab. In den Leinfeldern war das „Leinkraut“ ein verbreitetes Unkraut. „Vulgaris“ bedeutet „gewöhnlich, gemein“, das bedeutet, dass es sich um eine häufig vorkommende Pflanze handelt.
Andere Namen
Frauenflachs, Jungfernflachs, Katharinenflachs, Katharinenkraut, Badeflachs, gelbes Löwenmaul, Wilder Flachs, Froschmaul, Harnkraut, Brunzkraut, Hosenschisser, Scheisskraut, Nervenkraut, Tackenkraut, Taggenkraut (Tacken → Hämorrhoiden), Rufkraut, Beschreikraut, gelber Dorant
Geschichte
Schon im keltischen Baumhoroskop wird das Leinkraut als sogenanntes Schutzkraut der Pappel zugeordnet. Als Räucherwerk setzte man es gegen böse Flüche und Verwünschungen ein, so kam es zu der Bezeichnung Beschreikraut oder Rufkraut. Eine weitere Bezeichnung war „gelber Dorant“. Darunter verstand man nicht eine spezielle botanische Art, sondern regional wurden verschiedene Pflanzen so bezeichnet. Der gelbe Dorant soll besonders wertvoll gewesen sein, schützte es doch vor Zauber und Verhexung.
Junge Frauen und Wöchnerinnen galten als besonders gefährdet und sollten aus diesem Grund immer ein Sträußchen Leinkraut bei sich tragen. Hebammen trugen die Pflanze bei Geburten bei sich, um diese zu erleichtern und um Mutter und Kind zu schützen.
Eine Mär berichtet, dass eine Wöchnerin einmal in den Keller ging um sich Bier zu zapfen. Dort soll ihr der Teufel aufgelauert haben. Doch als er erkannte, dass sie ein Sträußchen Leinkraut in ihr Kleid eingenäht hatte, schrie er wütend „Hättest du nicht Dorant und Dosten, tätest dein Bierlein nicht kosten1“ und löste sich in einer Schwefelwolke auf.
Samenkapsel des Leinkrauts Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Verwechslung
vor der Blüte mit der giftigen Zypressenwolfsmilch
Inhaltsstoffe
Flavonglycoside, Linarin, Pektolinarin, Neolinarin, Cholin, Gummi, Pektine, Gerbstoffe, Vitamin C, Ameisensäure, Apfelsäure, Alkaloid Peganin, Iridoide
Heilwirkung
schweisstreibend, harntreibend, abführend, entzündungshemmend, antirheumatisch, beruhigend, nervenstärkend
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
- Bei einer Überdosierung von Leinkraut-Tee kann es zu wässrigem Durchfall, aufgrund der stark entwässernden Wirkung, kommen.
- Schwangere sollten Leinkraut meiden, da bisher keine Erkenntnisse vorgliegen, wie die Pflanze sich auf das Ungeborene auswirkt.
Anwendung
Innerlich
Harnverhalten und Entzündungen der ableitenden Harnwege, Ödeme, zur Stärkung des Schließmuskels von After und Blase, Verdauungsstörungen
Äußerlich
Haut- und Schleimhautentzündungen, zur Wundbehandlung, Geschwüre, Fisteln, Hämorrhoiden, zum Gurgeln bei Brennen auf der Zunge und des Gaumens, zur Aufhellung von Haut (Sommersprossen) und Haaren (hochkonzentrierter Pflanzenauszug). Zur Nervenstärkung und Beruhigung (Bäder),
Tagesdosis
max. 2 Tassen täglich → Vorsicht, bei Überdosierung Durchfall!
Verwendung
Tee aus der frischen oder getrockneten Pflanze (mit dem Trockenvorgang verliert sich der scharf-bittere Geruch), Auflagen, Teil- und Vollbäder, Salbe (selbst hergestellt), Homöopathie
Heilsames
Einen TL getrocknetes Leinkraut mit 150 ml kochendem Wasser überbrühen und den Tee ca. fünf Minuten lang ziehen lassen, Tee abfilterten. Je nach Geschmack kann der Tee mit Honig gesüßt werden. Zwei- bis dreimal täglich eine Tasse Tee trinken.
Hämorrhoiden-Salbe (U. Stumpf)
100g Lanolin (Apotheke)
1 handvoll frische Leinkraut-Blüten
So wird’s gemacht
Das Lanolin in einem hitzefesten Gefäß im Wasserbad erhitzen bis es Flüssig ist. Dann die zerkleinerten Leinkraut-Blüten hineingeben und gut unterrühren. Die Mischung unter gelegentlichem Umrühren abkühlen und 24 Stunden ruhen lassen. Die Mischung erneut erhitzen, absieben und in kleine Döschen umfüllen. Etikettieren und die abgekühlten im Kühlschrank aufbewahren.
Kulinarisches
Steffen Guido Fleischhauer erwähnt die Früchte im Herbst zur Ölgewinnung. Im Internet werden auch die Blüten für Salate erwähnt. Sie sollen einen an Erbsen erinnernden Geschmack haben.
Räuchern
Das Leinkraut ist eine der großen Schutzpflanzen. Es beschützt uns beim Räuchern vor Verwünschungen, negativen Gedanken oder negativer Energie. Leinkraut hüllt uns in einen unsichtbaren Schutzmantel, wir fühlen uns geborgen und locker, gelöst.
Leinkraut breitet sich durch Wurzelausläufer schnell aus Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Quellen
Fleischhauer, Steffen Guido; „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“; AT-Verlag Aarau, München 5. Auflage, 2008 ISBN: 3-85502-889-3
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
Pahlow, M.; „Das große Buch der Heilpflanzen, Gesund durch die Heilkräfte der Natur“; Weltbild-Verlag 2006 ISBN:3-828
Storl, Wolf-Dieter; „Die“Unkräuter“ in meinem Garten – 21 Pflanzenpersönlichkeiten erkennen & nutzen“ Gräfe und Unzer Verlags GmbH München 2. Auflage 2018; ISBN: 978-3-8338-6349-3
Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6
https://www.heilpraxisnet.de/heilpflanzen/leinkraut-anwendung-und-wirkung/
https://www.only-goods.de
Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia