Pflanze des Monats November 2022 Wilde Karde

Pflanze des Monats November 2022 Wilde Karde

Pflanze des Monats November 2022

Wilde Karde – Dipsacus fullonum/syn. Sylvestris

Geissblattgewächse, Caprifoliaceae

aufblühende Blütenkränze der Wilden Karde Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner

Botanik

Bei der Wilden Karde handelt es sich um eine zweijährige Pflanze, die im ersten Jahr eine grundständige Rosette ausbildet und erst im zweiten Jahr aufstängelt. Sie bildet eine weißlich-gelbe Pfahlwurzel, welche bis zu 10 cm lang werden kann. Die Rosettenblätter sind länglich, gezähnt und stachelig. Wenn die Pflanze nach der Vegetationspause ihren Stängel bildet ist dieser hohl, kantig und mit Stacheln besetzt. Je nach Nährstoffversorgung kann die Karde bis zu 2 Meter hoch werden. Die schmalen Blätter sitzen kreuz-gegenständig am Stängel und sind an der Basis tütenförmig verwachsen, bilden ein kleines Becken. Interessant ist, das die mittlere Blattrippe an der Blattunterseite mit spitzen Stacheln besetzt ist. Der endständige Blütenstand ist walzenförmig, 3-8 cm lang. Ab Juli beginnt die Blüte und dauert bis in den August. Die Blüte beginnt in der Walzenmitte und wandert von dort, jeweils in einem Ring nach oben und nach unten. Die Einzelblüten sind rosa-violett, mit 4-zipfliger 8-10 mm langer Krone. Die Blütenwalze wird von stacheligen Hüllblättern überragt. Aus der Blüte entstehen dunkle Nussfrüchtchen mit Samen.

Die Wilde Karde ist vor allem auf Brachen, Straßenböschungen und Dämmen zu finden. Sie bevorzugt kalkhaltige, lehmige Böden und volle Sonne.

Blattrosette der Karde im ersten Jahr Foto: H. Johner-Allmoslöchner

Name

Der botanische Gattungsname „Dipsacus“ leitet sich vom griechischen „dipsáo“ – „ich dürste“ab. Diese Bezeichnung bezieht sich auf die Becken, welche sich am Blattgrund bilden. In diesen kleinen Becken sammelt sich das Regenwasser. Sinn dieser Becken ist, dass so die fügellosen Insekten von der Blüte ferngehalten werden.

Der Artname „sylvestris“ wird mit „wild wachsend, im Wald wachsend“ übersetzt.

Andere Namen

Drahtbürste, Immendurst, Kardendistel, Kratzkopf, Rauhkarde, Waldkarde, Weberkarde, Weberdistel, Venusbad, Bad der Aphrodite, Walkerdistel, Webersträhl, Igelkopf,…

Geschichte

Die Geschichte der Karde reicht weit in die Vergangenheit zurück. Seit 2000 Jahren ist sie dem Menschen als Heilpflanze bekannt. Die Römer und Griechen nutzten u.A. das Wasser aus den kleinen Batt-Becken für Waschungen, um die Schönheit zu fördern. Hildegard von Bingen empfahl die Karde um das Gift aus dem Körper zu treiben. So empfahl sie den Menschen, welche unter Ausschlag litten das Wurzelpulver der Karde mit frischem Fett zu mischen und damit einzureiben, damit er geheilt werde.

Weber und Weberinnen nutzten die walzenförmigen Blütenköpfe um damit die Wolle zu „kardieren“. Zu diesem Zwecke wurde in Deutschland und Frankreich die „Weberkarde“ angebaut um die Wolle aufzurauhen bzw. die Wollfasern voneinander zu trennen.

Verwechslung

Verwechselt werden kann die Wilde Karde mit der Behaarten Karde. Diese bevorzugt als Standort den Waldrand und feuchten Boden. Die gesamte Pflanze ist nicht so stachelig. Ein weiterer Unterscheidungs-Aspekt sind die Stängelblätter, welche am Grund ein paar fiederartige Abschnitte aufweisen. Die Blütenköpfchen der Behaarten Karde sind rund und die Blütchen gelb-weiß. Die Behaarte Karde ist weniger wirksam.

Inhaltsstoffe

Iridoide, Saponine, Kaffeesäurederviate, Glycoside (Scabiosid), Kalisalze, Bitterstoffe, Gerbstoffe, Inulin.

Heilwirkung

anitbakteriell, verdauungsstärkend, schmerzlindernd, immunisierend, blutreinigend,harn- und galletreibend, schweißtreibend, begleitend bei Borreliose

Nebenwirkungen/Gegenanzeigen

In der Regel wird die Karde sehr gut vertragen. Bei längerer Anwendung kann es zu Hautirritationen kommen.

Kardenblüten mit ihren stacheligen Hüllblättern Foto: H. Johner-Allmoslöchner

Anwendung

Innerlich

Rheumatische Erkrankungen (Gicht, Arthritis, Arthrose, etc.), Verdauungsstörungen → Reizmagen, Magenschwäche,Gallenbeschwerden, in der Volksheikunde auch bei Gelbsucht und Leberbeschwerden, begleitend bei Borreliose, Dermatosen (Entzündung der oberen Hautschichten), Akne, Ekzeme, Gelenkschmerzen, Nieren und die ableitenden Harnwege.

Äußerlich

Haut und Nägel: Warzen, Wundheilung → kleinere Verletzungen, Risse, Schrunden, Fisteln, Furunkel, Flechten, Ödeme, Nagelgeschwüre, Gerstenkörner, Herpes, Gelenkverletzungen, chronische Muskelentzündungen

Seelisch

Die Pflanze hilft Menschen, die mit dem Kopf durch die Wand rennen und danach unter den Folgen leiden. (Matthew Wood)

Tagesdosis

Kardentinktur bei Borreliose: 1-3 x täglich 1-3 Tropfen verdünnt mit Wasser einnehmen über einen Zeitraum von 4 Wochen. Danach Pause. Die begleitende Behandlung dauert etwa 1 Jahr.

Karden-Tee Sehr bitter! 1 TL getrocknete Wurzel mit 250 ml kochendem Wasser übergießen und 10 Minuten ziehen lassen. 3 Tassen täglich trinken.

Wichtig! Die Anwendung der Karde sollte nach dem persönlichen Empfinden eingesetzt werden. Bei schweren, chronischen Fällen können selbst niedrige Dosierungen zu Verschlimmerungen führen. In diesem Fall sollte die Einnahme der Tinktur eine Weile gestoppt werden oder die Dosierung eine Zeit lang reduziert werden. (M. Wood)

Verwendung

Blätter und Wurzeln der Karde (frisch oder getrocknet), Tinktur (Verdünnt als Auflage, Waschungen, Teilbad oder in Cremen eingearbeitet), Tee aus der Wurzel oder den Blättern (alternativ zur Tinktur → alkoholfrei, jedoch nicht so wirksam wie die Tinktur, Essenz, Homöopathika

Die Blüten der Karde wirken wehrhaft Foto: H. Johner-Allmoslöchner

Heilsames

Kardentinktur (nach Ursula Stumpf)

Im Herbst des ersten Jahres die Wurzeln mit einigen Herzblättern der Rosette ausgraben. Alternativ im Frühjahr des 2. Jahres. Wurzel und Blätter gut waschen und in kleine Stücke schneiden. Das zerkleinerte Pflanzenmaterial in ein helles Schraubglas geben und mit 60%igem Alkohol übergießen. Die Stückchen müssen gut mit Alkohol bedeckt sein. Den Ansatz 4 Wochen lang warm stehen lassen und täglich schütteln. Dann die Tinktur abfiltern und in kleine Tropffläschchen abfüllen, etikettieren.

Räucherwerk

Die Blätter der Wilden Karde kann man verräuchern um die Abwehrkräfte zu stärken. Sie unterstützt den Mut und die Willenskraft.

Quellen

  • Bäumler, Siegfried; „Heilpflanzen Praxis Heute“ Porträts, Rezepturen, Anwendungen; Urban & Fischer Sonderausgabe 1. Auflage 2007 ISBN: 978-3-437-57271-5
  • Puhle, Annekathrin, Trott-Tschepe, Jürgen, Möller, Birgit; „Heilpflanzen für die Gesundheit“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2013 ISBN: 978-3-440-12235-8
  • Ritter, Claudia; „ Heilpflanzen Signatur und Botschaft“ 2016 Eugen Ulmer KG ISBN: 978-3-8001-0394-2
  • Schalk, Simone; „Die Kraft der Wurzeln, verborgenen Schätze unserer Heilpflanzen“; Eugen Ulmer KG Stuttgart 2016; ISBN: 978-3-8001-0807-7
  • Storl Dr., Wolf-Dieter; „Die Seele der Pflanzen, Botschaften und Heilkräfte aus dem Reich der Kräuter“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2009 ISBN: 978-3-440-11565-7
  • Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012
  • Wood, Matthew; „Die Weisheit der Pflanzen, überliefertes Heilwissen für die Praxis von heute“; ATVerlag Aarau, München 2012 ISBN: 978-3-03800-581-0
  • https://www.kardeshop.eu/c-2283855/dosierung-und-einnahme/
  • https://www.kraeuter-buch.de/kraeuter/Karde.html
  • https://www.raeucherkraeuter.ch
  • https://www.uni-due.de/botanik/artnamen.html
  • https://www.uni-due.de/botanik/gattungs.html

Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia

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