PFLANZE DES MONATS MAI (2018)
Giersch
Doldenblütler
Aegopodium podagraria, Apiaceae
Giersch-Blatt Foto: privat
Beim Giersch oder Geißfuß scheiden sich die Geister! Den meisten Gärtnern ist er regelrecht verhasst und sie scheuen sich nicht, dem ungeliebten Gartengast mit der chemischen Keule zu begegnen. Giersch macht seinem schlechten Ruf durchaus Ehre. Er gedeiht sowohl in der Sonne, wie auch im Schatten und daß auf jedem Boden. Seine Wurzeln sind so brüchig wie Glas und aus jedem kleinsten Wurzelstückchen wächst binnen kürzester Zeit eine neue Pflanze. Er ist so vital, daß er, einmal da, nicht wieder wegzukriegen ist. So kann jedes Gierschpflänzchen über unterirdische Ausläufer bis zu 3 Quadratmeter Boden pro Jahr erobern. Durch diese Wuchsfreudigkeit erstickt und überwuchert er benachbarte Pflanzen so daß diese wenig Chancen haben. Jürgen Dahl, ein passionierter Naturgärtner, rät dazu den betroffenen Bereich mit schwarzer Folie abzudecken, und diese mindestens eine Jahr dort zu belassen.
Andere Naturliebhaber freuen sich über das üppig nachwachsende Wildgemüse, das zu den Schmackhaftesten überhaupt, gehört. Die jungen hellgrünen Blätter besitzen einen zart-aromatischen Geschmack und eignen sich sehr gut zu Wildkräutersalaten, oder kleingeschnitten als Würzkraut im normalen grünen Salat. Ihr Geschmack erinnert an Petersilie und wird im Laufe des Sommers immer intensiver. Giersch ist ein Bestandteil der „Neun – Kräuter – Suppe“ die traditionelle Karfreitagssuppe. Auch für die Frankfurter Soße kann Giersch verwendet werden. Rezepte für Gierschgemüse, Kräuterfrikadellen, Omelette usw. gibt es reichlich. Selbst die schönen Blüten finden in der Küche Verwendung.
Giersch ist eine Staude und wird 50 – 100 cm hoch. Die Blüte-Zeit ist von Mai – September. Er bildet lange unterirdische Ausläufer. Sein Stängel ist 3-kantig, kahl. Die Blätter doppelt 3-zählig gefiedert, die Stängelblätter wechselständig, mit Scheiden am Stängel sitzend. Giersch-Blüten sind weiß, in zusammengesetzten Dolden ohne Hülle und Hüllchen. Die Frucht des Giersch ist länglich eiförmig, glatt, mit Rippen fadenförmig. Die Pflanze duftet nach Petersilie!
Der robuste Giersch kommt in Europa, Nordasien und Nordamerika vor.
Als Standort bevorzugt er feuchte Standorte, Waldränder, Gebüsche, Gärten.
Name
Der botanische Namen Aegopodium podagraria verweist uns an die Gicht. Der Gattungsname Aegopodium bezieht sich auf die dreizähligen, eiförmig gezähnten Blätter, die mit Hilfe von etwas Phantasie an Ziegenfüsse erinnern. Aegopodium leitet sich vom griechischen „aigos“, die Ziege, und „podos“, der Fuß ab Der lateinische Artname podagraria bedeutet „die Gicht heilend“. Podagra ist eine alte Bezeichnung für Gicht. . „Podagra“ ist eine alte Bezeichnung für Gicht.
Geissfuß, Ziegenfuß, Gichtkraut, Bodenholunder, Gärtnerschreck, Podagrakraut, Zipperlekraut,…
Geschichte
Über den Giersch ist mythologisch leider kaum etwas bekannt. Der Name St. Gerhardskraut weist uns den Weg, daß Giersch schon früher als Gichtmittel bekannt war. Der Hl. Gerhard oder Gerard wurde im Mittelalter als Gichtheiliger angerufen. Vermutlich handelt es sich dabei um den 935 n. Chr. in Köln geborenen Bischof von Toul. Eine weitere Bezeichnung Bischofswurz deutet darauf hin.
Verwechslung
Mit der Waldengelwurz.
Inhaltsstoffe
Vit. C, Carotinoide, Eisen, Mangan, Kupfer, Kalium, Cumarine, Flavonglykoside (Wurzeln), Harz, Kaffeesäure, ätherisches Öl.
Heilwirkung
appetitanregend, blutstillend, schweißtreibend, entgiftend, entsäuernd, harntreibend
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
keine
Anwendung
innerlich:
Erkrankungen des rheumatischen Formenkreises (Gicht, Rheuma, Ischias), Stoffwechsel unterstützend bei der Frühjahrskur (löst die Ablagerungen in den Gelenken und hilft sie auszuschwemmen), Krampfadern, Nieren- und Blasenleiden, Atemwegskatarrhe. …
äußerlich:
Fußbäder
Tagesdosis
Tee innerlich: 2 Tl frische oder 1 Tl getrocknete Blätter mit einem ¼ l kochendem Wasser übergießen, tgl. 3×1 Tasse. Bad oder Umschlag: 100 g Wurzeln mit 2 l kochendem Wasser übergießen, 10 Minuten ziehen lassen und dem Badewasser zufügen. Wirkt beruhigend bei Gicht- und Ischiasschmerzen Frischsaft innerlich: lindert schmerzende Gichtknoten, 1 El täglich 3 Wochen lang.
Verwendung
Frisches oder getrocknetes Kraut, frische oder getrocknete Wurzeln, Frischpflanzenpresssaft
Heilsames
Schmerzstillendes Giersch-Fußbad (nach U. Stumpf)
Dazu werden 100g frische Giersch-Wurzeln in 2 l Wasser auf. Das Ganze 15 Minuten ziehen lassen, absieben und den Sud mit soviel kaltem Wasser auffüllen, bis die Temperatur als angenehm empfunden wird.
In der Küche
Giersch gehört zu unseren wohlschmeckendsten Wildpflanzen in der Küche. Dazu am Besten die ganz jungen Triebe, die noch hellgrün sind, ernten und als Salat oder Wildgemüse zubereiten. Giersch gehört zu den neun Kräutern
in der „Neun Kräuter Suppe“, der germanischen Kultspeise! Giersch-Apfelsaft: Gierschblätter und -blüten in einen Glaskrug geben. Mit Apfelsaft übergießen und zwei Stunden bedeckt in der Sonne stehen lassen. Abfiltern und nach Geschmack mit Mineralwasser verdünnen.
Waldmeister, Gierschblätter, Gundermann und Blätter der schwarzen Johannisbeere Foto: privat
erfrischender Kräuter-Apfelsaft mit Giersch Foto: privat
Schon gewusst?
Im Garten breitet sich Giersch schnell aus und wer ihn einmal „besitzt“, wird ihn nur schwer wieder los. Für seine ungehemmte Ausbreitung sorgt der Giersch, indem seine Wurzeln Stoffe absondern, die das Wachstum der anderen Pflanzen hemmen.
Botschaft des Giersch (Ursula Stumpf)
Ich weiß gar nicht, warum sich alle so über mich aufregen: ich bin doch nur eine Pflanze mit all jenen Eigenschaften, die heute bei den Menschen sehr gefragt sind: Ich bin quicklebendig, lebensfroh, kerngesund und voller Lebensfreude. Ich nutze jede Gelegenheit, mich zu entwickeln, erobere mir jedes Terrain, das sich bietet, fasse dort Fuß und entfalte mich aufs Prächtigste. Und wo ich einmal bin, bleibe ich auch. Denn ich stehe nicht nur mit beiden Beinen auf dem Teppich, sondern mit Milliarden von kleinen, weißen, schnellen und flexiblen Wurzelfasern fest in der Erde – und da haut mich so schnell nichts um! Meine grünen Blätter fangen die Frühjahrskräfte ein und nähren meine Wurzeln damit. Das macht sie munter. Sie sind jede Sekunde bereit, zu wachsen, und finden ihre Erfüllung in diesem Wachsen. Genussvoll nehmen sie aus dem Erdboden all das auf, was Euch Menschen beweglicher macht. Und flexibler – auch im Denken. Sogar auf Eure alten Tage noch, wenn das Zipperlein hier und da schon mal plagt. Nehmt mich nur mit offenen Armen auf – ich wachse immer wieder nach und freue mich auf jeden neuen Anfang
Nektar-Bar, Giersch-Blüte Foto: privat
Literaturliste
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Bühring, Ursel; „Praxis-Lehrbuch der modernen Heilpflanzenkunde, Grundlagen-Anwendung – Therapie“; Sonntag Verlag Stuttgart, 2. überarbeitete und erweiterte Auflage 2009 ISBN: 978-38304-9163-7
Bühring, Ursel; 2 „Zikadenschaum und Bärenklau, köstliches Wildgemüse aus Feld und Wiese“; Edition Achillea, Freiburg 1992
Fischer, Heide; „Frauenheilpflanzen, Wirkungen, Hausmittel und praktische Selbsthilfetipps“; Nymphenburger-Verlag 2006 ISBN: 978-3-485-01087-0
Fleischhauer, Steffen Guido; „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“; AT-Verlag Aarau, München 5. Auflage, 2008 ISBN: 3-85502-889-3
Hensel, Wolfgang, „Welche Giftpflanze ist das?“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2006 ISBN-13: 978-3-440-10745-4
Hiller, Karl, Melzig, F. Matthias; „Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen“ 2. Auflage; Spektrum Akademischer Verlag 2010 ISBN: 978-3-8274-2053-4
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
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Künzle, Johann, Pfarrer.; „Das große Kräuterheilbuch, Ratgeber für gesunde und kranke Tage“; 1945 Verlag Otto Walter AG Olten
Madejsky, Margret; „Lexikon der Frauenkräuter, Inhaltsstoffe, Wirkungen, Signaturen und Anwendungen“; AT-Verlag Aarau, München 2. Auflage 2009 ISBN: 978-3-03800-417-2
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Willfort, Richard; „ Gesundheit durch Heilkräuter, Erkennung, Wirkung und Anwendung der wichtigsten einheimischen Heilpflanzen“; Rudolf Trauner Verlag Linz, 22. Auflage 1982 ISBN: 385320-117-2
www.Botanikus.de
www.floraweb.de
www.wikipedia.de
Heidrun Johner-Allmoslöchner Naturwerkstatt-Artemisia