Pflanze des Monats Juni 2022 Weinraute – Ruta graveolens

Pflanze des Monats Juni 2022 Weinraute – Ruta graveolens

Pflanze des Monats Juni 2022

Weinraute – Ruta graveolens

Rautengewächs, Rutaceae

Blühende Weinraute Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner

Botanik

Die ausdauernde Raute besitzt einen runden, aufrechten, verästelten Stängel und erreicht, je nach Standort, eine Höhe von 50 – 100 cm. Der untere Bereich des Stängels verholzt mit der Zeit. Rautenblätter haben eine grau-grüne Farbe, den 2-3 fach unpaarig gefiederten, kahlen Blättern entströmt ein aromatisch, herber Duft. Die Blätter sind von ihrer Konsistenz derb und weisen sogenannte Öldrüsen auf, die als kleine durchscheinende Punkte zu erkennen sind.

Die Blüten der Edelraute weisen einen verzweigten, endständigen, doldenähnlichen Blütenstand auf. Die zentrale Blüte besitzt 5 gelb-grüne Blütenblätter, die Nebenblüten in der Regel 4. Blütezeit ist von Juni bis August.

Während der Samenreife (August/September) entwickelt sich aus der mittig sitzenden Hauptblüte, eine fünf- bis sechsteilige Kapsel, die der übrigen Blüten sind vierteilig, sie enthalten helle, nierenförmige Samen

Das Weinkraut stammt ursprünglich aus dem östlichen Mittelmeerraum. In Mitteleuropa ist sie als Kulturflüchter auf Schutthalden und in Weinbergen zu finden.

Name

Die Gattungsbezeichnung „Ruta“ leitet sich vom griechischen Wort „rhyte“ ab. Auf dem Peleponnes wird die Gartenraute als „Rhyte“bezeichnet. Der Artname graveolens setzt sich aus den lateinischen Begriffen „gravis“ = „schwer“ und „olens“ = riechend zusammen. Er bezieht sich auf den stark duftenden bis stinkenden Geruch der Pflanze.

andere Namen

Augenraute, Edelraute, Gartenraute, Gnadenkraut, Krätzraute, Kreuzraute, Pfingstwuttel, Totenkräutel, Totenkraut, Weinkraut, Weinraute

Knospen der Weinraute Foto: HeidrunJohner-Allmoslöchner

Geschichte

Die Weinraute ist ein Kraut mit einer spannenden Geschichte. In der Antike galt sie als Gegenmittel wider allerlei Gifte und hatte dem Ruf, sogar die Wirkung tödlicher Gifte unschädlich machen zu können. „Salbei und Rauten, vermengt mit Wein, lassen dir den Trank nicht schädlich sein.“ Dieser Ausspruch belegt, dass die Raute eine gängiges Gegenmittel war. Mit den Benediktinern kann die Südländerin über die Alpen und hielt in den klösterlichen Gärten Einzug. Sicherlich war ihre lusthemmende Wirkung auf Männer, dabei ein wesentlicher Aspekt. Der Abt der Insel Reichenau, Walafried Strabo besang sie in seinem Lehrgedicht Hortulus. Hildegard von Bingen schätze die Raute ebenso, wie der Wasserpfarrer Sebastian Kneipp. Dieser sagte über die Raute,

Die Pflanzen reden zu uns durch ihren Geruch. Wie klar und durchdringend meldet sich die Raute uns ihren guten Willen, uns Menschen, für die sie geschaffen, zu helfenm verschiedenes Leid zu lindern, als wenn jedes der kleinen Blättchen eine Zünglein wäre. Dass wir dieses Sprechen stets verkünden.“

Während den Pestjahren kam der Rautesaft zum Einsatz. Man rieb sich mit dem Saft der Raute ein, um die Pest abzuwehren. Diese Praxis machte in so fern Sinn, da die Ratten, welche als Überträger dienten, den Geruch der Raute mieden.

Bekannt ist die Raute als Abtreibungsmittel bei ungewollter Schwangerschaft. Im „Jardin des Plantes“ in Paris, gab es ein Rautenbeet, welches eine Zeit lang mit einem Zaun geschützt werden musste, da es sonst völlig geplündert worden wäre. Das „herbe à la belle fille“ (Kraut der schönen Mädchen) hatte den Ruf, ein wirksames Abteibungsmittel zu sein. Allerdings gab es häufig Todesfälle, das die Dosierung schwierig war.

Verwechslung

mit anderen Rautengewächsen

Inhaltsstoffe

ätherisches Öl, Cumarine, Furanocumarine (Bergaphten), Flavonoide (Rutin), Alkaloide (Chinoline), Bitterstoffe, Harz

Heilwirkung

entzündungshemmend, menstruationsfördernd, krampflösend, östrogenähnlich, wehenfördernd, triebdämpfend bei Männern, luststeigernd bei Frauen, Rutin verbessert die Gefäßstruktur, venenkräftigend, gut für das Nervensystem, harntreibend, verdauungsfördernd, antiödematös, auswurffördernd, fotosensibilisierend,

Nebenwirkungen/Gegenanzeigen

bei Überdosis → Vergiftungserscheinungen (Magen- und Darmbeschwerden, Schwindel, Ohnmachten, Tremor, Krämpfe, anschwellen der Zunge), phototoxische Wirkung Überdosierung Rautenöl → schwere Leber und Nierenschäden möglich

Gegenanzeigen

Schwangerschaft→ Abort!!

Anwendung

Innerlich

Appetitlosigkeit, Kreislaufstörungen, Durchblutungsstörungen, Menstruationsbeschwerden, vorzeitiges Klimakterium, Krämpfe

Homöopathie: Verrenkungen, Verstauchungen, Zerrungen, Verletzungen, Krampfadern, venöse Blutstauungen, Augenentzündungen

Äußerlich

rheumatische Beschwerden, Schleimbeutelentzündungen, Bänderdehnungen, Zahnschmerzen, Augenentzündungen (Augenbad)

Tagesdosis

maximal 1g Droge pro Tag, Einzeldosis 0,5g Droge

Verwendung

frisches oder getrocknetes Rautenkraut (Blätter, Blüten, Knospen), Urtinktur, ätherisches Öl, Homöopathie Ruta, Salbe, Umschläge

Heilsames

Rautentinktur (s. Hirsch/F.Grünberger)

20 g Weinraute, zerkleinern und in ein Glas mit Schraubdeckel geben. Die Kräuter mit 100 ml Korn übergießen und 14 Tage ausziehen. Dabei täglich sanft schütteln. Danach abfiltern und in Tropffläschchen abfüllen, beschriften.

Augenbad (Siegfried Bäumler)

½ TL Weinrautenkraut

1 TL kochendes Wasser

1 Msp. Meersalz

Weinrautenkraut mit dem kochenden Wasser übergießen und 5 Minuten ziehen lassen, Salz hinzugeben. Das Ganze durch einen Papierfilter filtern, die Augen täglich 5 Minuten darin baden.

Blatt der Weinraute Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner

Kulinarisches

Erdbeer-Weinrauten-Gelee (essen & trinken 5/2011)

Zutaten

Für 1 Portion

1½ kg Erdbeeren

500 g Extra Gelierzucker (2:1)

100 ml Prosecco

1 Pk. Zitronensäure (5 g)

1 Bund Weinraute (ca. 20 g)

Außerdem

Mulltuch

Zubereitung

Erdbeeren waschen, abtropfen lassen, putzen und in grobe Stücke schneiden. Erdbeeren in einen großen Topf geben und mit 40 g Gelierzucker und 150 ml Wasser mischen. 1 Stunde ziehen lassen. Dann bei milder Hitze 2-3 Minuten aufkochen, vom Herd nehmen und nochmals 1 Stunde ziehen lassen.

Erdbeeren durch ein mit einem Mulltuch ausgelegtes Küchensieb in einen Topf gießen. Dabei die Erdbeeren nur leicht andrücken, damit der Saft klar bleibt.

800 ml Erdbeersaft abmessen und mit Prosecco, restlichem Gelierzucker und Zitronensäure unter Rühren aufkochen. 3 Minuten unter Rühren sprudelnd kochen lassen. Erdbeergeleemasse mit einer Schaumkelle abschäumen und vom Herd nehmen. Das Bund Weinraute wie einen Schneebesen benutzen und in kreisenden Bewegungen 20-30 Sekunden (nicht länger, sonst wird es bitter) durch die heiße Erdbeergeleemasse ziehen.

Erdbeer-Weinrauten-Gelee heiß in vorbereitete Twist-off-Gläser füllen, verschließen und 5 Minuten auf den Deckel stellen. Gläser umdrehen und vollständig abkühlen lassen.

Räuchern

wärmend, schützend, wohltuend Schutzritual, Liebesritual

Poetisches

Diesen schattigen Hain ziert dunkelfarbiger Raute
Grünend Gebüsch. Ihre Blätter sind klein, und so streut sie wie Schirmchen
Kurz ihren Schatten nur hin. Sie sendet das Wehen des Windes
Durch und die Strahlen Apolls bis tief zu den untersten Stengeln.
Rührt man leicht sie nur an, so verbreitet sie starke Gerüche.
Kräftig vermag sie zu wirken, mit vielfacher Heilkraft versehen,
So, wie man sagt, bekämpft sie besonders verborgene Gifte,
Reinigt den Körper von Säften, die ihn verderblich befallen.


Walafried Strabo

Quellen

  • Bäumler, Siegfried; „Heilpflanzen Praxis Heute“ Porträts, Rezepturen, Anwendungen; Urban & Fischer Sonderausgabe 1. Auflage 2007 ISBN: 978-3-437-57271-5
  • Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
  • Madejsky, Margret; „Lexikon der Frauenkräuter, Inhaltsstoffe, Wirkungen, Signaturen und Anwendungen“; AT-Verlag Aarau, München 2. Auflage 2009 ISBN: 978-3-03800-417-2
  • Puhle, Annekathrin, Trott-Tschepe, Jürgen, Möller, Birgit; „Heilpflanzen für die Gesundheit“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2013 ISBN: 978-3-440-12235-8
  • Scherf, Gertrud; „Die geheimnisvolle Welt der Zauberpflanzen und Hexenkräuter, Mythos und Magie heimischer Wild- und Kulturpflanzen“; BLV Buchverlag GmbH & Co. KG München, 3. durchgesehene Auflage/Neuausgabe ISBN: 978-3-8354-0260-7
  • Walafried Strabo, Über den Gartenbau / De cultura hortorum
  • https://www.essen-und-trinken.de

  • https://susanna-komischke.de/pflanzenwiki/index.php/Weinraute_(Ruta_graveolens)

  • https://www.rauchtum.de

  • https://www.uni-due.de/botanik/gattungs.html

  • https://www.uni-due.de/botanik/artnamen.html

Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia

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