Pflanze des Monats Januar Riesen-Bärenklau, Heracleum mantegazzianum Doldenblütler, Apiaceae
Pflanze des Monats Januar
Riesen-Bärenklau, Heracleum mantegazzianum
Doldenblütler, Apiaceae
Riesen-Bärenklau; Foto: Dieter Schütz_pixelio.de
Botanik
Die Staude erreicht wahrlich riesige Ausmaße, denn sie kann eine Höhe von 200 bis 350 cm erreichen, in der Literatur sind sogar Höhen von 500 cm angegeben! Der kräftige Stängel ist innen hohl, gefurcht, rot gefleckt und kann einen Durchmesser von bis zu 10 cm haben. Seine Blätter sind wechselständig angeordnet, 1 bis 3 m lang und drei- bis fünffach tief eingeschnitten. Die breiten Blattabschnitte sind gesägt/gelappt. Die Dolden des Riesen-Bärenklaus werden bis zu 50 cm groß und haben zwischen 50 bis 150 Strahlen. Ihre weißen Blüten erreichen eine Größe von 8-20 mm, die Kronblätter der äußeren Blüten sind deutlich unterschiedlich in ihrer Größe. Von Juni bis September ist die Blütezeit der Staude. Die oval-elliptische Spaltfrucht des Riesen-Bärenklaus ist 9 bis 11 mm groß mit breiten borstig behaarten Randrippen.
Vorkommen Kaukasus und Südwestasien, als Neophyt in weiten Teilen Europas und Nordamerikas verbreitet.
Standort An Bachauen, Flussufern, Müllplätzen, feuchten Wiesen, Waldsäumen und vor allem auf Böden, die durch schwere Maschinen geschädigt wurden.
Name
Die botanische Bezeichnung „Heracleum“ bezieht sich auf den griechischen Helden Herakles oder Herkules. Wohl weil die Pflanze riesengroß und besonders widerstandsfähig ist, ähnlich dem Helden aus der griechischen Mythologie. Eine weitere Überlieferung besagt, dass Herakles mit Hilfe der Pflanze die entführten Rinder des Riesen Geryon vom Atlantik nach Griechenland zurück getrieben haben soll.
Die beiden Schweizer Wissenschaftler Sommi und Livier beschrieben den Riesenbärenklau 1895 als Erste. Sie kultivierten Samen der Pflanze, die sie 1890 von ihrer Kaukasusreise mitgebracht hatten. Den Art-Namen „Mantegazzianum“, wählten sie zu Ehren des italienischen Dermatologen Paolo Mantegazza (1831-1910). Die deutsche Bezeichnung Bärenklau wird auf die rauhaarigen Blätter zurückgeführt, die an eine „Bärentatze“ erinnern sollen. Die englische Bezeichnung „hog-weed“ bedeutet „Schweinekraut“.
Weitere Namen lauten: Herkulesstaude, Herkuleskraut, Stalins Rache, Mantegazzi-Bärenklau, Russenkerbel, Russenkraut.
Die Herkulesstaude gedeiht gerne am Wasser, Foto: Annam artha_pixelio.de
Geschichte
Der Kaukasische Bärenklau kam einst als Geschenk des russischen Zaren nach Europa. Nach dem Sieg über Napoleon, lud Fürst Metternich im Herbst 1814 zu einem Kongress zur Neugestaltung Europas nach Wien ein. Der russische Zar Alexander I. schenkte dem Gastgeber eine Vase voll mit den Samen des Riesen-Bärenklau. Fürst Metternich ließ die Samen im Park seiner Sommerresidenz Schloss Königswart in Böhmen aussähen. Was dann im Garten wuchs war ein russischer Bär in Pflanzengestalt! Schnell fanden die begehrten Samen den Weg in die Hände begeisterter Gärtner und Botaniker. 1890 begeisterte sich auch der britische Hof für die Pflanze und ließ sie in ihren Gärten und Parks anbauen. Da die Pflanze als modern galt, fand sie schnell ihren Weg in die Gärten des britischen Adels. Auch den Imkern entging nicht, dass die Pflanze eine Fülle von Nektar für ihre Bienen bot und so trugen auch sie zur Verbreitung bei. Ungefähr Mitte des vergangenen Jahrhunderts überwand der Riesen-Bärenklau die Gartenpforte und begann sich unkontrolliert auszubreiten. Daraufhin begann der Feldzug gegen die invasive Pflanze! Mit Hacke, Sense, Flammenwerfer und Herbiziden versucht man dem Einwanderer Herr zu werden. Doch diese Pflanze ist wahrlich ein Bär, denn sie ist unglaublich vital. Bis zu 10 000 Samen kann eine einzelne Pflanze ausbilden, die zudem noch jahrelang keimfähig sind und sich durch den Wind genauso verbreiten lassen wie durch Fließgewässer. Auch die abgeflämmten Pflanzen sind durchaus in der Lage aus der fleischigen Pfahlwurzel erneut auszutreiben. Werden sie abgemäht, sind sie sogar in der Lage eine sogenannte Notblüte zu bilden. Bekannt ist auch eine zunehmende Resistenz gegenüber Herbiziden. All dies macht die potente Pflanze zu einer der aggressivsten Neophyten auf der schwarzen Liste der problematischsten invasiven Pflanzen.
Verwechslung
Mit dem Wiesenbärenklau, der aber wesentlich kleiner ist (50 bis 150 cm), der Blattrand ist unregelmäßig kerbig gesägt.
Inhaltsstoffe
Wurzel: Furanocumarine (Xanthotoxin, Psoralin, Bergapten), Testosteron ähnliche Substanzen
Blätter, Stängel,Blüten: Furanocumarine, 0,28% (Xanthotoxin, Psoralin, Bergapten), Testosteron ähnliche Substanzen, Angelicin, Imperatorin, Pimpinellin, etc..
Früchte: Furanocumarine, 3,28% (Xanthotoxin, Psoralin, Bergapten), Testosteron ähnliche Substanzen, ätherisches Öl. Der Gehalt an Furanocumarinen soll im Juni am Höchsten sein! Giftfrei sind die Stängel erst dann, wenn sie vollständig abgestorben sind und nur noch das weiße Zellskelett besteht.
Heilwirkung
Bei Problemen mit der Balance zwischen der materiellen und der geistigen Welt.
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
Bedingt durch die Furanocumarine im Pflanzensaft kommt es bei Kontakt mit der gesamten Pflanze, in Verbindung mit Sonnenlicht, zu sogenannten „phototoxischen Reaktionen“. Die betroffenen Hautstellen reagieren mit Rötungen, juckenden Quaddeln bis hin zu wässrigen, entzündlichen Brandblasen, wie bei einer Verbrennung 3. Grades. Diese heilen nur sehr langsam ab und hinterlassen oft eine langanhaltende braune Pigmentierung der betroffenen Haut oder gar Narben. Eine weitere Folge des Kontaktes mit der Pflanze können Fieber, Schweißausbrüche und Kreislaufschock sein. Es besteht auch die Möglichkeit, dass erst Tage nach dem Kontakt mit der Pflanze Hautreaktionen in Kombination mit Sonnenlicht ausgelöst werden. In der Literatur wird beschrieben, dass die Pflanzen an heißen Tagen Furanocumarine an die Umgebung abgeben und es zu Reaktionen, wie zuvor beschrieben, aber auch zu Atemnot kommen kann, allein, wenn man sich in der Nähe der Pflanze aufhält. Diese ausgasenden Furanocumarine können eine akute Bronchitis hervorrufen, die bis zu drei Wochen anhält. Nach Kontakt mit der Pflanze, sollten die betroffenen Hautstellen mit Wasser und Seife abgewaschen werden. Empfohlen wird auch eine Reinigung mit Spiritus. Verwendete Arbeitsgeräte, die mit dem Riesen-Bärenklau in Berührung kamen, sollten ebenfalls mit Spiritus gereinigt werden. Die Handschuhe, die bei der Arbeit mit dem Riesen-Bärenklau benutzt wurden, sollten besser weggeworfen werden.
Anwendung
Innerlich
Als Bachblüte und homöopathisches Mittel.
Verwendung
Blüten, ganze Pflanze
Kulinarisches
Steffen-Guido Fleischhauer führt die Pflanze, mit dem Hinweis auf ihre phototoxische Wirkung, lediglich als Genuss- oder Nahrungsmittel an, in dem er die jungen Blätter als Gemüse zubereitet.
Der Sprung über den Gartenzaun Foto: Uschi Dreiucker_pixelio.de
Quellen
Blamey, Marjorie, Grey-Wilson, Christopher; „Die Kosmos Enzyklopädie der Blütenpflanzen“ über 2400 Arten; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2008 ISBN: 978-3-440-11020-1
Couplan, Francois; „Wildpflanzen für die Küche“; AT Verlag Aarau, München, 2. Auflage 1998 ISBN: 3-85502-571-1
Fleischhauer, Steffen Guido; „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“; AT-Verlag Aarau, München 5. Auflage, 2008 ISBN: 3-85502-889-3
Hensel, Wolfgang, „Welche Giftpflanze ist das?“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2006 ISBN-13: 978-3-440-10745-4
Spohn, Margot, Aichle, Dietmar, Golte-Bechtle, Marianne; Spohn, Roland; „Was blüht denn da?“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 58. erweiterte und neubearbeitete Auflage 2008 ISBN-13: 978-3-440-11379-0
Storl Dr., Wolf-Dieter; „Wandernde Pflanzen, Neophythen, die stillen Eroberer. Ethnobotanik, Heilkunde und Anwendungen“; AT-Verlag Aarau, München, 2. Auflage 2014 ISBN: 978-3-03800-680-0
www.wikipedia.de
Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia