
Pflanze des Monats Dezember 2022 Gemeiner Erdrauch – Fumaria officinalis
Pflanze des Monats Dezember 2022
Gewöhnlicher Erdrauch – Fumaria officinalis
Mohngewächse, Papaveraceae
Gemeiner Erdrauch, Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner
Botanik
Erdrauch gehört zu Familie der Mohngewächse und zur Unterfamilie der Erdrauchgewächse (Fumariodeae). Die einjährige Pflanze erreicht je nach Standort eine Höhe von maximal 30 cm. Die zart anmutende Pflanze ist kahl und führt keinen Milchsaft. Die blaugrau bereiften Blätter sind wechselständig angeordnet und doppelt fein gefiedert. Von April bis Oktober bildet die Pflanze kleine purpurfarbene Blüten mit einer dunkelrot-schwarzen Spitze und grünem Kiel. Das obere, äußere Kronblatt ist nach hinten sackförmig zu einem Sporn verlängert, in den eines der dreiteiligen Staubblätter ragt und Nektar absondert. Die 20 bis 40 Einzelblüten sind zu einer Traube angeordnet. Nach der Blüte bilden sich kugelige Früchte, die getrocknet runzelig sind.
Der Gemeine Erdrauch gehört zu den Kulturfolgern des Menschen. Er ist vor allem auf unbehandelten Feldern, Unkraufluren, Weinbergen und Gärten zu finden. Er bevorzugt gut durchlüftete , nährstoffreiche und leicht feuchte Böden. Erdrauch ist eine Bieneweide, Ameisen verteilen die Samen mit ihren nährstoffreichen Anhängseln im Garten.
Name
Die Bezeichnung „Fumaria“ leitet sich vom lateinischen „fumus“ = „Rauch“, ab. „Officinalis“ bedeutet, dass diese Pflanze in den Officien, sprich in Apotheken erworben werden konnte. Es gibt verschiedene Deutungen des Pflanzennamens, eine davon bezieht sich darauf, dass es zu einer starken Rauchentwicklung kommt, wenn das Kraut, dass oft auf abgeernteten Feldern vorkommt, verbrannt wird und so der Name Erdrauch entstand.
andere Namen
Ackerraute, Ackerrauchkraut, Alprauch, Blausporn, Elfenrauch, Erdrautenkraut, Erdweihrauch, Erdgalle, Feldraute, Finsterkraut, Freierkraut, Franzosenkraut, Grindkraut, Grindheil, Katzenkerbel, Katzenklee, Krätzheil, Nonnenheil, Rauchkraut, Taubenkröpfel, Trost der Scorbutischen, …
Geschichte
Der Gemeine Erdrauch zählt zu den sogenannten Archäophyten. Darunter versteht man Pflanzen, die mit dem Saatgut der Ackerbauern vor ca. 7000 Jahren aus Südwesteuropa und Westasien nach Mitteleuropa eingeschleppt wurden. Als Kulturbegleiter folgte der Erdrauch den Menschen.
Für die Kelten und Germanen war der Erdrauch eine Ritualpflanze, welche sie auch als Räucherwerk nutzten. Der sogenannte „Elfenrauch“ ermöglichte ihnen Kontakt zu den Ahnen, den Elementarkräften und der Anderswelt aufzunehmen.
Im ersten Jahrhundert nach Christus nutzte Dioscurides den Erdrauch zu Heilzwecken um verunreinigtes Blut zu reinigen oder bösartige, langwierige Ekzeme zu behandeln.
Im Mittelalter verwendete man Erdrauch-Räucherungen, um den Teufel oder andere böse Geister zu vertreiben. Um Räucherwerk für solche Schutzräucherungen zu haben, wurden im St. Gallener Klostergarten große Mengen an Erdrauch kultiviert.
Die mittelalterlichen Kräuterbücher empfahlen den Erdrauch gegen „schwarze Galle“ (Melancholie) und Hypochondrie, waren sie doch der Ansicht, dass Traurigkeit mit einer mangelnden Lebertätigkeit einher ging.
Verwechslung
keine
Erdrauch-Blütentraube mit den typischen dunkelrot-schwarzen Tupfen Foto: H. Johner-Allmoslöchner
Inhaltsstoffe
Alkaloide v.a. Fumarin, Flavonoide, Pflanzensäuren (Fumarsäure) Schleimstoffe, Cholin, Kaffee- und Hydroxyzimtsäurederivate, Harze, Bitterstoffe.
Heilwirkung
mild krampflösend, verdauungsfördernd, ausgleichende Wirkung auf den Gallenfluss und die Gallenproduktion, anregend auf den Hautstoffwechsel, blutreinigend, harntreibend.
Nebenwirkungen/Gegenanzeigen
Nebenwirkungen
nicht bekannt
Gegenanzeigen
Nicht anwenden bei Gallensteinleiden, Gallenverschluss, Gallenentzündung, sowie Lebererkrankungen!
Hinweis
Für die Anwendung in der Schwangerschaft und Stillzeit liegen bisher keine gesicherten Erkenntnisse vor, dass die Pflanze unbedenklich ist. Daher sollte in dieser Zeit von der inneren Anwendung abgesehen werden.
Anwendung
Innerlich
Vorbeugend gegen Krämpfe der Gallenblase oder bei Diätfehlern, krampfartige Gallenbeschwerden, Migräne aufgrund einer Leber-,Gallestörung, chronische Gallenblasen- oder Gallenwegserkrankungen und nach der Entfernung der Gallenblase, zur förderung des Hautstoffwechsels, Blutreinigungskuren (Frühjahr/Herbst), Lungenkatarrh, verschleimte Atemwege
Äußerlich
Hautekzeme, Psoriasis, begleitend bei Kraurose, Scheidenrhagaden, Analfissuren, Herpes
Psyche
Entspannung, Reinigung und Klarheit als Voraussetzung für Erkenntnis, Schutz vor irrationalen Beeinflussungen
Tagesdosis
6g Droge
Verwendung
Tee aus der frischen oder getrockneten Pflanze, als Auflage bei Ekzemen, Tinktur, Bäder, Waschungen, Sirup, Ölauszug, Salbe, Homöopathika, Räucherwerk
Heilsames
Hautfunktionstee (nach Margret Madejsky)*(3, S. 243)
Die folgende Teemischung soll in erster Linie den Hautstoffwechsel verbessern und eignet sich daher für alle Frauen, die zu chronisch, wiederkehrenden Entzündungen oder Reizungen der Scheidenhaut neigen. Die Mischung bewährt sich vor allem als hautregenerierendes Begleitmittel bei Kraurose, bei Neigung zu Scheidenpilz oder zu Rhagaden der Scheidenhaut, zu Dammekzemen wie auch bei prämenstrueller Akne. Sichtbare und spürbare Erfolge erziehlt man durch den regelmäßigen Genuss dieser Teemischung über einige Monate hinweg.
Erdrauchkraut | 30g |
Frauenmantelkraut | 40g |
Gänseblümchenblüten | 20g |
Taubnesselblüten, alternativ: Taubnesselkraut | 20g |
Stiefmütterchenkraut | 50g |
Tausendgüldenkraut | 20g |
Walnussblätter | 20g |
Alle Kräuter miteinander mischen, 1-2 TL der Mischung pro Tasse à 200 ml heiß überbrühen, etwa10 Minuten ziehen lassen, abseien und ungesüßt trinken. 2 bis 3 Tassen täglich für 6-8 Wochen lang, danach eventuell langfristig mit 1-2 Tassen pro Tag fortfahren.
Erdrauch-Knospe mit Tautropfen Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner
Räucherwerk
Das getrocknete Erdrauchkraut wirkt verräuchert reinigend, erdend, schützend. Es eignet sich gut für Ahnenräucherungen und verbindet mit den Elementarkräften.
Bitte das Räucherwerk sparsam dosieren (Drei-Finger-Priese) da es beim Verräuchern zu starker Rauchentwicklung kommt und es einen stechend unangenehmen Geruch entwickelt, der die Augen stark reizt. Erdrauchkraut immer mit anderem Räucherwerk mischen.
Räuchermischung Rauhnächte
Erdrauchkraut | 1Priese |
Holunder-Blüten | ½ TL |
Wacholder-Holz | 1 TL |
Engelwurz-Wurzel | ½ TL |
Lavendel-Blüten | ½ TL |
Fichtenharz | 1 TL |
Mistel geschnitten | 1 TL |
Das Räucherwerk vermischen und kurz vor dem Verräuchern mörsern. Auflegen und genießen.
Räuchermischung Rauhnächte Foto: Heidrun Johner-Allmoslöchner
Quellen
Bühring, Ursel; „Alles über Heilpflanzen, erkennen, anwenden, gesund bleiben“; Eugen Ulmer Verlag KG Stuttgart 2007; ISBN: 978-3-8001-4979-7
Hirsch, Siegrid; Grünberger, Felix; „Die Kräuter in meinem Garten“; Freya-Verlag 2012 (Neuüberarbeitung) ISBN: 978-3-902134-79-0
Madejsky, Margret; „Lexikon der Frauenkräuter, Inhaltsstoffe, Wirkungen, Signaturen und Anwendungen“; AT-Verlag Aarau, München 2. Auflage 2009 ISBN: 978-3-03800-417-2
Nitschke, Adolfine; „Heilsames Räuchern mit Wildpflanzen“; Gräfe und Unzer Verlags GmbH, München 2018; 1. Auflage 2018; ISBN 978-8338-6242-7
Puhle, Annekathrin, Trott-Tschepe, Jürgen, Möller, Birgit; „Heilpflanzen für die Gesundheit“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2013 ISBN: 978-3-440-12235-8
Rätsch, Christian;“Räucherstoff, Der Atem des Drachen, 72 Pflanzenportraits, Ethnobotanik, Rituale und praktische Anwendungen“; AT Verlag Aarau Schweiz 2006; ISBN: 978-3-03800-302-1
Storl, Wolf-Dieter; „Die Unkräuter in meinem Garten, 21 Pflanzenpersönlichkeiten erkennen & nutzen“; Gräfe und Unzer Verlags GmbH München; 2. Auflage 2018; ISBN: 978-3-8338-6349-3
Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6
Stumpf Dr., Ursula; „Von Magie bis Phytotherapie“; 3. erweiterte Auflage 2010, MedMedia-Verlag Kandern ISBN: 3-934-163-81-5
Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia