Pflanze des Monats August Wilde Möhre

Pflanze des Monats August Wilde Möhre

Pflanze des Monats August 2020

Wilde Möhre Daucus carota

Doldenblütler, Apiaceae

Wilde Möhre am Wegesrand Foto: Privat

Botanik

Die zweijährige Pflanze bildet im ersten Jahr eine grundständige Rosette mit sehr grazilen, weich behaarten, mehrfach gefiederten Blättern. Sie besitzt eine helle dünne Pfahlwurzel, die scharf, bitter und süß schmeckt. Im zweiten Jahr stängelt sie ästig auf und erreicht je nach Standort eine Höhe von 30 bis 100 cm. Der Stängel ist meist behaart, nicht hohl und oft gefurcht. Die Blätter sind 2- bis 3-fach gefiedert, federartig, die obersten Blätter sind oft hochblattartig. Die flach gewölbte Blüte besteht aus hunderten kleiner, weißer Blüten, dabei sind die Hüllblätter oft länger als die Kronblätter. Die Wilde Möhre schmückt sich mit einem filigranen Blätterröckchen unter der Dolde. In der Mitte der Dolde sitzt meist eine purpurfarbene bis schwarze einzelne Blüte, die sogenannte Mohrenblüte. Die Blütezeit geht von Juni bis September. Mit der Samenreife schließt sich die Dolde nestartig, weshalb man von einem „Vogelnest“ spricht. Die ausgereiften Samen haben Stacheln. Eine einzige Pflanze kann bis zu 3000 bis 4000 Samen hervorbringen

Sie ist in ganz Europa verbreitet, allerdings im Nordwesten seltener. Man findet sie auch in Nordafrika und in der Türkei. Als Neophyt in verschiedenen Ländern z.B. Nordamerika, Kanada.

Standort Die wilde Möhre wächst bevorzugt auf Ödland, Schuttplätzen, mageren Wiesen, Böschungen und trockenen Wegrändern.

Name

Das deutsche Wort Möhre steht für eine schmackhafte Wurzel. Die purpurne bis schwarze Einzel-Blüte in der Mitte der Blütendolde wird als „Mohrenblüte“ bezeichnet. Auch davon könnte sich der Begriff „Möhre“ ableiten. Im griechischen Wort „kár“ steckt die Laus, wohl wegen der Ähnlichkeit der Samen mit Läusen und wohl auch weil die reifen Samen wie „Läuse“ im Fell vorbeistreifender Tiere hängen bleiben.

Knospe der Wilden Möhre Foto: Privat

Geschichte

Die purpurfarbene Mohrenblüte simuliert ein Insekt, die anderen Insekten sehen dann, dass schon jemand auf der Blüte ist und Nektar trinkt, kommen dazu, um ebenfalls Nektar zu naschen und dabei die Blüte zu bestäuben. In Siebenbürgen wird die dunkel-purpurne Blüte „Treue“, „Ehre des Mädchens“ oder „des Mädchens ihre Schand“ genannt. Das Vorhandensein oder Fehlen des dunkelroten Fleckens deutete an, ob die Mädchen in der Gegend noch die Ehre haben oder nicht.

Verwechslung

Eine Verwechslung mit dem Wiesen-Kerbel (Anthriscus sylvestris ) ist möglich. Allerdings wächst der Wiesen-Kerbel wesentlich früher im Jahr als die wilde Möhre und seine Blätter sind nur 2- bis 3-fach gefiedert, gröber und grüner.

Inhaltsstoffe

Wurzel/Blätter: Carotinoide, Polyacetylene, ätherisches Öl, Phenolsäuren, Trans-Asaron, Flavonoide, Monosaccaride, Polysaccaride, Oligosaccaride, Vitamin B und C, Phytosterole, Aminosäuren.

Früchte: Fettsäuren, ätherisches Öl

Heilwirkung

harntreibend, entwässernd, beruhigend auf Magen und Darm, entblähend, krampflösend (auf die glatte Muskulatur), appetitanregend, wurmtreibend, entzündungshemmend, stärkend, lustfördernd (für Männer), geburtsfördernd, milchbildend, menstruationsregulierend, verringert ein übermäßiges Schleimhautwachstum der Gebärmutterschleimhaut (Samen), empfängnisverhütend, Stein-treibend. Psychisch: Zentrieren der Bewußtseinskräfte, klärt den Blick.

Nebenwirkungen/Gegenanzeigen

Kontraindikation Schwangerschaft (bezieht sich auf die Samen)

Anwendung

Innerlich

Magen-, Darm-Beschwerden, Durchfälle, Sodbrennen, Blähungen, Wundheilung (Kataplasma), Vitamin A-Mangel, Darmparasiten (Würmer), Anregung der Nieren, entzündete Hautstellen, Sonnenbrand, Aphrodisiakum, Menstruationsbeschwerden, Endometriose, Empfängnisverhütung, Geburt, Milchbildung, Nierensteine, Rheuma, Gicht. Psychisch: Konzentrationsmangel, Zerfahrenheit, leerer Kopf, Benommenheit, sich im Kreis drehende Gedanken, Schwindelgefühle, Mangel an Entschlussfähigkeit und Antriebskraft, psychische Verstimmungszustände, Schweißausbrüche

Dosierung

Blätter: 2 TL auf 250 ml heißes Wasser, 5 Minuten ziehen lassen.

Wurzeln/Früchte: 1 leicht gehäufter TL mit 250 ml Heißem Wasser übergießen und 8-10 Minuten ziehen lassen (Tee ist stark harntreibend)

Verwendung

Medizinisch verwendet werden die Wurzel, das Kraut, das frische blühende Kraut und die unreifen Früchte, in homöopathischer Form als D6, D8 und D12 bzw. als Mischung aus den drei Potenzen (Ceres-Tinktur).

Blütendolde der Wilden Möhre Foto: Privat

Heilsames

Moro’sche Karottensuppe (bei Magen-DarmErkrankungen)

500g geschälte Karotten in einem Liter Wasser 1 Stunde kochen, durchsieben oder im Mixer pürieren. Die verbleibende Menge mit Wasser auf eine Gesamtmenge von 1 Liter auffüllen. Drei Gramm Kochsalz (ein knapp gestrichener Teelöffel) hinzufügen.

Kulinarisches

Von April bis Juni können die weichen Blätter und Triebe zu Gemüsegerichten oder als Gewürz für Salate verwendet werden. Die Wurzeln werden im ersten Jahr der Pflanze von Oktober bis in den Winter für Gemüsegerichte verwendet. Die jungen Blüten schmecken gut frittiert oder gebraten. Die würzigen Samen der Wilden Möhre können zu allerlei Gerichten verwendet werden (Vorsicht, nicht verwechseln mit den Samen von Aethusa cynapium oder Conium maculatum!).

Die Früchte/Samen der Wilden Möhre sind besonders schmackhaft und ergeben ein hervorragendes Gewürz. Sie schmecken im ersten Moment stark nach Terpentin, entwickeln dann aber einen ausgeprägt feinen Duft nach Williamsbirnen. In Fruchtsalaten wirken sie ganz oder zerdrückt wahre Wunder und auch Saucen und Desserts lassen sich mit ihnen hervorragend verfeinern.

                                                „Vogelnest“ der Wilden Möhre Foto: Privat

Quellen

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  • Couplan, Francois; „Wildpflanzen für die Küche“; AT Verlag Aarau, München, 2. Auflage 1998 ISBN: 3-85502-571-1

  • Fleischhauer, Steffen Guido; „Enzyklopädie der essbaren Wildpflanzen“; AT-Verlag Aarau, München 5. Auflage, 2008 ISBN: 3-85502-889-3

  • Hiller, Karl, Melzig, F. Matthias; „Lexikon der Arzneipflanzen und Drogen“ 2. Auflage; Spektrum Akademischer Verlag 2010 ISBN: 978-3-8274-2053-4

  • Kalbermatten, Roger; „Wesen und Signatur der Heilpflanzen, die Gestalt als Schlüssel zur Heilkraft der Pflanzen“; AT-Verlag Aarau, München 5. Auflage 2008 ISBN: 978-3-85502-744-6

  • Pahlow, M.; „Das große Buch der Heilpflanzen, Gesund durch die Heilkräfte der Natur“; WeltbildVerlag 2006 ISBN:3-8289-1839-5

  • Schmeil, Otto; „Flora von Deutschland und seinen angrenzenden Gebieten“; Quelle & Meyer Bestimmungsbücher Heidelberg 1982, 87. völlig überarbeitete und erweiterte Auflage ISBN: 3-494-38-00327-0

  • Spohn, Margot, Aichle, Dietmar, Golte-Bechtle, Marianne; Spohn, Roland; „Was blüht denn da?“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 58. erweiterte und neubearbeitete Auflage 2008 ISBN-13: 978-3-440-11379-0

  • Storl Dr., Wolf-Dieter; „Heilkräuter und Zauberpflanzen zwischen Haustür und Gartentor“; ATVerlag Aarau, München, 6. Auflage 2007 ISBN: 978-3-85502-693-7

  • Storl Dr., Wolf-Dieter; „Die Seele der Pflanzen, Botschaften und Heilkräfte aus dem Reich der Kräuter“; Franckh-Kosmos Verlags-GmbH Stuttgart 2009 ISBN: 978-3-440-11565-7 27

  • Stumpf Dr., Ursula; „Unsere Heilkräuter, bestimmen und anwenden“; Franckh-Kosmos VerlagsGmbH Stuttgart 2012 ISBN: 978-3-440-12705-6

  • Willfort, Richard; „ Gesundheit durch Heilkräuter, Erkennung, Wirkung und Anwendung der wichtigsten einheimischen Heilpflanzen“; Rudolf Trauner Verlag Linz, 22. Auflage 1982 ISBN: 385320-117-2

  • Wood, Matthew; „Die Weisheit der Pflanzen, überliefertes Heilwissen für die Praxis von heute“; ATVerlag Aarau, München 2012 ISBN: 978-3-03800-581-0

Heidrun Johner-Allmoslöchner, zertifizierte Heilpflanzenfachfrau, Leimen; www.naturwerkstatt-artemisia

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